Der IT-Dienstleistungsmarkt in Deutschland verzeichnet trotz wirtschaftlicher Herausforderungen ein anhaltendes Wachstum. Laut einer aktuellen Studie von Lünendonk & Hossenfelder sind die Ausgaben für externe IT-Dienstleistungen 2022 gestiegen. Die digitale Transformation treibt die Nachfrage nach IT-Dienstleistungen voran. Dadurch bieten sich auch IT-Freelancern vielversprechende Möglichkeiten.

Covid-19-Epidemie, Fachkräftemangel, schlechte konjunkturelle Entwicklungen, zahlreiche globale Krisenherde: Die wirtschaftliche Situation in Deutschland (und der Welt) war in der jüngeren Vergangenheit von einer ganzen Reihe von Herausforderungen geprägt. Auf eine Branche jedoch hatte die trübe Stimmung so gut wie keine Auswirkungen – nämlich auf den Markt für IT-Dienstleistungen. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Studie „Der Markt für IT-Dienstleistungen in Deutschland 2023“ des Beratungs- und Marktforschungsunternehmens Lünendonk & Hossenfelder.

Die aktuelle Lage: Markt für IT-Dienstleistungen wächst weiter

Die im Rahmen eines Pressegesprächs am 17. Mai 2023 vorgestellte Studie ergab unter anderem, dass die Ausgaben der Unternehmen im Bereich externe IT-Dienstleistungen im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr sogar noch leicht gestiegen sind. Das durchschnittliche Wachstum des Inlandsumsatzes der in Deutschland tätigen IT-Dienstleister lag demnach 2022 bei 13,2 Prozent – im Vorjahr hatte es noch 13,1 Prozent betragen. Die größte Kundengruppe für IT-Dienstleister war dabei der Bereich Industrie mit 35 Prozent (2021: 33,9 Prozent), wobei der Automotive-Sektor in diesem Zweig allein 16,2 Prozent (2021: 15,6 Prozent) ausmachte. Es folgen die Branchen Finanzdienstleistungen mit 20,4 Prozent (2021: 21,1 Prozent) und Behörden/öffentlicher Dienst mit 9 Prozent (2021: 8,7 Prozent). Weitere wichtige Kunden waren in den Wirtschaftszweigen Telekommunikation, IT & Medien, Handel, Energie, Verkehr & Logistik sowie Gesundheitswesen angesiedelt. 

Quelle: Lünendonk & Hossenfelder

Digitale Transformation als Treiber

Insgesamt bleiben die digitale Transformation und die damit verbundenen Herausforderungen die Haupttreiber für die steigende Nachfrage nach IT-Dienstleistungen. Wie die Lünendonk-Studie zeigt, investieren Unternehmen verstärkt in die Modernisierung ihrer IT-Infrastruktur (Steigerung von 85 auf 87 Prozent), die Umstellung auf Cloud-Technologien (79 auf 89 Prozent) sowie die Entwicklung neuer Individual-Softwarelösungen (65 auf 68 Prozent). Besonders hohe Nachfragen verzeichneten IT-Dienstleister außerdem in den Bereichen Data & Analytics, ESG (Environmental Social Governance; zu Deutsch: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) sowie Cyber-Sicherheit.

Trends und Entwicklungen im Markt für IT-Dienstleistungen

Branchenübergreifend lassen sich für den IT-Dienstleistungsmarkt in Deutschland einige wichtige Trends und Entwicklungen feststellen.  

  • Wie bereits erwähnt lässt sich ein zunehmender Bedarf an den Themen Digitalisierung, Resilienz und neue Geschäftsmodelle beobachten. Für Projekte in diesen Bereichen erwartet man auch in Zukunft weiteres Wachstum.
  • ESG, Cloud-Transformation, Data & Analytics, Cyber-Sicherheit und Effizienzsteigerung stehen bei vielen IT-Dienstleistungsunternehmen im Fokus.
  • In Bezug auf Technologietrends richtet sich das Hauptaugenmerk auf die Themen Composable Enterprise, MACH-Technologien (Microservices, API-first, Cloud-native, Headless), Low-Code-Entwicklung, Sustainable by Design & Green IT.
  • Immer mehr Unternehmen verfolgen das Ziel, das Potenzial der Public Cloud besser auszuschöpfen. Die Diskussion um souveräne Clouds und Industry Clouds gewinnt in diesem Zusammenhang immer mehr an Fahrt.
  • Kunden akzeptieren zunehmend Near- und Offshore-Dienstleistungen. Die IT-Dienstleister investieren deshalb stark in den Ausbau dieser Bereiche.
  • Es entstehen neue Formen der Zusammenarbeit: End-to-End-Services gewinnen immer mehr an Bedeutung, insbesondere in produktorientierten Organisationen (BizDevOps).

Wachstum für IT-Dienstleistungen – Chance für IT-Freelancer?

Doch ganz gleich, ob es um Cloud-Transformation, Digital Workplace, IT-Modernisierung oder Softwareentwicklung geht: Wie der anhaltende Wachstumskurs im Markt für IT-Dienstleistungen zu erklären ist, liegt auf der Hand. Denn Projekte in diesen Bereichen erfordern oft spezifisches Fachwissen, über das Unternehmen in vielen Fällen nicht intern verfügen. IT-Dienstleister bieten daher eine ideale Lösung, da sie das erforderliche Know-how mitbringen und obendrein flexibel in den unterschiedlichsten Bereichen eingesetzt werden können. Mit frischer Perspektive von außerhalb des Unternehmens fördern sie zudem Innovationen und tragen so insgesamt dazu bei, dass ihre Kunden mit technologischen Entwicklungen besser Schritt halten können.

Bedeutet das nun, dass auch IT-Freelancer von dieser Entwicklung profitieren? Eine Antwort auf diese Frage lieferte Mario Zillmann, Partner bei Lünendonk & Hossenfelder, im Rahmen des Pressegesprächs:

„Wir stellen fest, dass die Kundenunternehmen grundsätzlich weniger Freelancer beschäftigen. Dafür gehören aber die IT-Dienstleister mit einen Umsatzanteil von einem Drittel zu einer der größten Kundengruppen der Freelancer-Agenturen.“

Mario Zillmann
Partner bei Lünendonk & Hossenfelder

Das heißt: IT-Freelancer profitieren durchaus von der hohen Resilienz des Marktes für IT-Dienstleister – auch wenn sie in der Regel nicht im direkten Kontakt mit den Kundenunternehmen stehen.

Thies Rixen, CEO des Kölner IT-Dienstleistungsunternehmens q.beyond, bestätigte diese Einschätzung. „Im Wesentlichen spielen freiberufliche IT-Experten bei uns zwei Rollen: Zum einen decken sie Arbeitsspitzen ab, die vielleicht drei, sechs oder neun Monate andauern. Zum anderen engagieren wir sie, weil sie über Spezialwissen verfügen, das wir nur ganz selten brauchen. In diesen beiden Bereichen kommen bei uns in der Regel Freelancer zum Einsatz.“

Off- und Nearshoring: Akzeptanz von IT-Freelancern aus dem Ausland

Auch hinsichtlich der Bereitschaft deutscher Unternehmen, spezifisches Know-how bei Freelancern aus dem Ausland einzukaufen, hat Thies Rixen bereits Beobachtungen gemacht.

 „Man sieht, dass Kunden, die einen Service abgeben, natürlich auch auf die Sprache schauen bzw. wo diese spezielle Dienstleistung erbracht wird. Wir müssen schon sicherstellen, dass wir im EU-Raum bleiben.“

Allerdings lasse sich für den Bereich Near- und Offshoring eine wachsende Akzeptanz beobachten.

„Die Bereitschaft, Services ins Ausland zu verlagern, ist nicht bei jedem Kunden und nicht für jedes Thema vorhanden. Es kommt auch darauf an, welche Skills geboten werden“, so Rixen. „Aber wenn wir beispielsweise im Baltikum Menschen haben, die Deutsch sprechen, dann ist das eine Hürde, die klar wegfällt.“

Thies Rixen
CEO q.beyond

Im persönlichen Kundenkontakt scheinen deutsche Freelancer bei deutschen auftraggebenden Unternehmen indes die Nase vorn zu haben. „Gerade in Kundensegmenten, in denen traditionell eine große Deutschsprachigkeit besteht, ist Off- und Nearshoring tendenziell schwieriger“, so Thies Rixen.

Von Nachhaltigkeit bis zur Bewältigung des Fachkräftemangels: Was zu erwarten ist

Die IT-Dienstleister gehen davon aus, dass der Markt in Deutschland auch in Zukunft weiterwachsen wird – wenn auch mit anderen Schwerpunktthemen. Für das laufende Jahr stellen sie – zusätzlich zu den bereits vorherrschenden Trends aus 2022 – eine deutlich anziehende Nachfrage in den Bereichen Effizienzsteigerungen, ESG und Data & Analytics fest.

Mario Zillmann beobachtet, dass viele Unternehmen 2023 besonders darauf bedacht sind, die aktuellen Krisen wie Inflation, steigende Energiepreise und die stagnierende Nachfrage erfolgreich zu bewältigen. Dabei rücken Technologien wie Künstliche Intelligenz, Cloud und Automatisierung in den Fokus.

CIOs sind nun besonders gefordert, den Einsatz digitaler Technologien zur Förderung nachhaltiger Effizienzsteigerungen voranzutreiben. Besonders starke Umsatzzuwächse seien in den Bereichen Consulting (+ 11,1 Prozent), Data & Analytics (+ 11,0 Prozent), Cloud-Transformation (+ 12,3 Prozent) und Managed Cloud Services (+ 12,0 Prozent) zu erwarten.

Quelle: Lünendonk & Hossenfelder

Nachhaltigkeit steht zukünftig ganz oben auf der Agenda der IT-Dienstleister. Neben dem seit Jahren bestehenden Fachkräftemangel kommt mit der ab 2024 obligatorischen Nachhaltigkeitsberichterstattung eine weitere große Herausforderung auf die Branche zu. Mario Zillmann von Lünendonk & Hossenfelder betont die Bedeutung dieses Themas: „Mit zunehmender Digitalisierung nimmt unweigerlich auch der CO2-Fußabdruck der IT zu und die IT-Lieferkette rückt in den Fokus der Nachhaltigkeitsstrategien.“

Bereits jetzt geben 37 Prozent der befragten IT-Dienstleister an, interne ESG-Audits durchführen zu müssen, um überhaupt an Ausschreibungen ihrer Kunden teilnehmen zu können. In Anbetracht der zukünftigen Entwicklungen gehen 32 Prozent der IT-Dienstleister davon aus, dass ab 2025 sämtliche IT-Produkte mit einem CO2-Preis versehen werden, um Kunden bereits beim Kauf einen Einblick in den CO2-Fußabdruck entlang der IT-Lieferkette bieten zu können. Bereits jeder zweite IT-Dienstleister hat schon eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt und implementiert, und zwei Drittel planen, bis zum Jahr 2030 CO2-neutral zu sein.

Als Top-Maßnahmen der IT zur Dekarbonisierung geben IT-Dienstleister etwa eine längere Nutzungsdauer von Hardware, ressourcenschonende Prozessketten und die Überholung bzw. Instandsetzung von Produkten (Refurbishment) an. Allerdings gibt es nach wie vor eine Reihe von Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. So zeigt sich beispielsweise beim Thema ESG erhebliches Potenzial – etwa in Bezug auf den durchschnittlichen Frauenanteil von nur knapp 29 Prozent bei den untersuchten IT-Dienstleistern.

Fazit

Die IT-Dienstleisterbranche wird auch in Zukunft ein kontinuierliches Wachstum verzeichnen. Angetrieben wird dies durch den Druck, Geschäftsmodelle umzustrukturieren, Effizienzsteigerungen vorzunehmen und den sich wandelnden Marktanforderungen der Kundenunternehmen gerecht zu werden. Die verstärkte Nutzung digitaler Technologien führt sowohl innerhalb von Unternehmen als auch mit externen Dienstleistern zu veränderten Kooperationsmodellen. Business und IT wachsen zunehmend zusammen, doch zugleich bleiben die Investitionen in IT und Digitalisierung auf einem hohen Niveau. Budgets für die Modernisierung der IT-Infrastruktur, Cloud-Transformation, Stärkung der Cyber-Sicherheit und die Entwicklung kundenorientierter Anwendungen werden daher weiter steigen.

Ein interessanter Insight aus der Studie: Die Unternehmen sehen als eine Auswirkung, dass das Honorarniveau für externen Dienstleistern weiter steigen wird. Bedeutet, dass aufgrund des Marktumfeldes auch für IT-Freelancer beim Thema Honorar weiterhin einiges rauszuholen ist.

Quelle: Lünendonk & Hossenfelder

Vor diesem Hintergrund sind die Zukunftsaussichten auch für IT-Freelancer vielversprechend: Es ist davon auszugehen, dass IT-Dienstleister und Unternehmen weiterhin auf ihre Flexibilität und Expertise setzen werden, um mit den Anforderungen einer sich schnell verändernden Geschäftswelt Schritt zu halten.

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Björn ist Marketier aus Leidenschaft. In seiner Funktion als Redakteur verfolgt er das Ziel einen klaren Mehrwert für die IT-Freelancer-Community zu schaffen und diese in ihrem stressigen Alltag bestmöglich mit hilfreichen und interessanten Inhalten zu unterstützen. Als freiberuflicher Digital Marketing Consultant unterstützt er außerdem IT-Freelancer dabei, mit ihrer digitalen Präsenz passende Projektanfragen zu erhalten. Er ist zentraler Ansprechpartner beim IT-Freelancer Magazin. Kontaktmöglichkeiten finden Sie über LinkedIn oder per E-Mail: bjoern.brand@it-freelancer-magazin.de

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