Wenn das Wort Akquise für den nächsten Auftrag oder Telefoninterview fällt, macht sich selbst bei gestandenen IT Freelancern ein gewisses Unwohlsein breit. Doch leider fallen Aufträge nicht vom Himmel und so kommt man nicht umhin, neue Aufträge und Kunden zu gewinnen. Für die meisten IT-Freelancer läuft das über entsprechende Agenturen, die zwischen ihm und dem Endkunden vermitteln. Sogenannte Cold Calls, also „einfach mal“ bei einem Unternehmen anrufen und akquirieren, machen die wenigsten. Dennoch gibt es auch bei der Agenturvermittlung Akquise- oder Bewerbungsgespräche, die gemeistert werden wollen.
 
Die erste Hürde: Ein attraktives Profil erstellen
Für ein ansprechendes Profil braucht es mehr als das Auflisten Ihrer Kenntnisse, Qualifikationen und Projekterfahrungen. Ihr Profil soll überzeugen – und verkaufen. Den Auftrag bekommen Sie nicht, weil Sie Zertifikat X oder Erfahrung Y haben, sondern weil man Ihnen zutraut, das aktuelle Problem des Kunden zu lösen. Kein Unternehmen kauft IT-Beratung oder IT-Projektmanagement. Ein Unternehmen will ein konkretes Problem aus der Welt schaffen und sucht eine Lösung dafür.
 
Seien Sie Problemlöser und nicht Leistungsanbieter
Bieten Sie daher Lösungen an. Versetzen Sie sich in die Lage Ihrer Auftraggeber oder blicken Sie auf vergangene Projekte zurück: Was ist die größte Schwierigkeit Ihres Kunden, wo Sie helfen können? Welchen Herausforderungen sieht sich Ihr Kunde gegenüber? Setzen Sie sich die Kundenbrille auf und betrachten Sie mit dieser Ihre Leistungen. Was hat Ihr Auftraggeber von Ihrer Leistung? Welchen Vorteil bringen Sie Ihren Kunden?
Das ist so wie mit dem Verkauf von Bohrmaschinen. Keiner kauft eine Bohrmaschine. Was dann? Man kauft die Löcher in der Wand oder noch zugespitzter, man kauft den aufgehängten Wandschrank.
 
Genaue Zielgruppenkenntnis hilft enorm
Damit Sie wissen, welchen Vorteil Sie Ihrem Auftraggeber bringen, müssen Sie diesen natürlich erstmal kennen. Für ein kleines mittelständisches Unternehmen mit 100 Mitarbeitern aus einer traditionellen Branche sind wahrscheinlich andere Themen relevant als für ein international aufgestelltes Unternehmen. Überlegen Sie sich, wer Ihre Leistungen brauchen könnte und auch zu wem Sie am besten passen. Wie Sie Ihre passende Zielgruppe finden, habe ich in diesem Artikel beschrieben.
Ihre Zielgruppe brauchen Sie nicht explizit in Ihrem Profil zu nennen, aber es hilft Ihnen bei der Formulierung Ihres Profils und Ihrer Leistungsdarstellung.
 
Der nächste Schritt: Das Telefoninterview meistern
Aus meiner eigenen Erfahrung sind insbesondere zwei Dinge entscheidend für den Erfolg oder Misserfolg von Akquisegesprächen. Das ist zum einen eine klare Positionierung, sprich Leistungsangebot, Stärken und Zielgruppenkenntnis. Zum Zweiten ist es die innere Haltung und Einstellung, neudeutsch als Mindset bezeichnet.
Über den ersten Punkt – die Positionierung – haben wir schon gesprochen. Das ist das Fundament Ihrer unternehmerischen Tätigkeit. Telefoninterviews sind für viele von uns purer Stress. Ich kann das gut nachvollziehen, denn so war es für mich am Anfang auch. Vor vielen Jahren habe ich in einer kleinen, sehr bodenständigen Werbeagentur in Hamburg gearbeitet. Ich war Beraterin und Konzeptionerin und habe mittelständische B2B-Unternehmen zu Werbung und Marketing beraten. Doch bevor ich beraten konnte, musste ich erstmal die Kunden akquirieren. Los ging die Akquise per Telefon. Da ich nun überhaupt keine extrovertierte „Rampensau“ bin, musste ich permanent und immer wieder über meinen Schatten springen. Vielleicht gehören Sie auch zu dieser Sorte Mensch?
Dies hat mir bei der Telefonakquise geholfen:

  • Positive Einstellung entwickeln

Damit meine ich kein esoterisches „Chakka – ich schaffe das!“ und das Wiederholen positiver Motivationssprüche. Ich habe irgendwann den Schalter in meinem Gehirn umgelegt, dass ich überspitzt formuliert keine Bittstellerin bin, die um den Auftrag bettelt, sondern ein gutes Angebot habe, das ich anbiete. Klingt banal, macht aber einen Riesenunterschied. 

  • Verkaufs- oder Erfolgsdruck rausnehmen

Das war mein Aha-Erlebnis. Was ist das Ziel des Telefoninterviews oder Verkaufsgesprächs? Richtig – Kunde und Auftrag gewinnen. Ist mir das nicht gelungen, habe ich es als Misserfolg verbucht. Da türmt sich schnell viel Frust auf und macht die weiteren Akquiseversuche nur noch schwieriger. Auch hier hilft ein anderer Blickwinkel: Erfolg anders definieren. Zum Beispiel: Gespräch wird als Erfolg verbucht, wenn Ihr Gesprächspartner an Ihrer Leistung oder Ihrem Angebot grundsätzlich interessiert ist. Das ist der Beginn einer Kundenbeziehung, aus der sich durchaus in der Zukunft ein Auftrag ergeben kann.

  • Durchhalten und Dranbleiben

Dies sind zwei Eigenschaften von Wadenbeisser-Hunden, die in der Akquise von großem Vorteil sind. Nur weil es jetzt zu diesem Zeitpunkt kein Auftrag wurde, heißt das nicht, dass das für immer und ewig so bleiben muss. Vielleicht hat Ihr Interessent (sei es nun die Vermittlungsagentur oder das Unternehmen) in ein paar Monaten oder in einem Jahr eine Vakanz? Am Ball bleiben und einfach mal wieder nachfragen.
 
Meine Top 10 Tipps für entspanntere und erfolgreiche Telefoninterviews + Bonus-Tipp:

  1. Gesprächsskript aufschreiben

Erstellen Sie sich ein Skript des Gesprächs. Vom genauen Einstieg über die Zwischenteile bis hin zum Schluss. Natürlich können Sie den genauen Gesprächsverlauf nicht vorhersehen, aber gewisse Inhalte werden immer besprochen. Gerade wenn Sie nicht jeden Tag Telefoninterviews machen, hilft es Ihnen, ruhiger und klarer zu sprechen, wenn Sie das vorher aufgeschrieben haben. Sie sollten so schreiben, wie Sie auch sprechen.

  1. Gespräch üben

Stellen Sie sich vor den Spiegel und üben Sie das, was Sie aufgeschrieben haben. Klingt doof, gibt Ihnen aber Sicherheit und eine gewisse Routine. Außerdem merken Sie so leichter, wo es noch hakt.

  1. Den Einstieg üben

Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance. Das gilt auch fürs Telefoninterview. Daher sind die ersten paar Sätze sehr wichtig. Die Antwort auf die höfliche Aufforderung „Stellen Sie sich doch bitte kurz vor.“ sollte Ihnen nicht nur flüssig von den Lippen gehen, sondern auch so, dass Ihr Gegenüber neugierig auf Sie wird.
Auch der Smalltalk am Anfang ist nicht zu vernachlässigen, entscheidet er doch oft über Sympathie oder Antipathie.

  1. Lächeln

Ein Lächeln hört man in der Stimme. Auch wenn Ihr Gesprächspartner Ihren Gesichtsausdruck bei einem reinen Telefongespräch nicht sieht.

  1. Hintergrund prüfen

Verkehrslärm, spielende oder sich streitende Kinder, ein bellender Hund, Gesprächsfetzen anderer Menschen, blökende Schafe am Deich (mein Problem) – das lenkt ab und sorgt für Unruhe. Nicht nur bei Ihnen (Stichwort streitende Kinder), sondern auch bei Ihrem Gegenüber. Falls Sie gerade unterwegs sind, wenn Ihr Handy unvorhergesehen klingelt, bitten Sie um einen anderen Termin.
Falls das Interview per Video-Konferenz stattfindet, prüfen Sie vorher den Hintergrund, der dann zu sehen ist. Eine chaotische Ablage, der Wäscheständer oder eine sehr private Fotowand sind ungünstig. Wählen Sie einen neutralen Hintergrund, der nicht von Ihnen und dem Gespräch ablenkt.
 

  1. Entspannt und souverän klingen

Auch wenn Sie nervös sind, sollte man Ihnen das möglichst wenig anmerken. Ich persönlich stelle mich zum Anfang eines Gespräches gerne hin. Das gibt mir Sicherheit und „Größe“. Im Laufe eines längeren Gesprächs setze ich mich dann.
Angemessene Business-Kleidung hilft, auch wenn sie nicht zu sehen ist. Trainingshose und T-Shirt sollten Sie also gegen Kleidung eintauschen, mit der Sie auch einem Kunden in echt gegenübertreten würden. 

  1. Unterlagen bereitlegen

Legen Sie sich Ihren Lebenslauf oder Ihr Profil der Vermittleragentur auf den Tisch. So haben Sie immer ganz genau vor Augen, was Ihr potentieller Auftraggeber sieht und können besser auf Fragen reagieren. 

  1. Fragen stellen und zuhören

Natürlich sollen Sie interviewt werden. Dennoch können und sollten auch Sie Fragen stellen. Überlegen Sie sich im Vorfeld, welche Punkte Sie noch wissen möchten, z.B. über das Unternehmen oder das künftige Projekt. Über Fragen können Sie auch wunderbar Ihre Kompetenz unter Beweis stellen und zeigen, dass Sie sich Gedanken über das Projekt oder die Aufgabe gemacht haben.

  1. Mensch sein

Dass Sie die formalen Qualifikationen für die Aufgabe haben, ist schon vor Gesprächsbeginn klar. Denn sonst würde der potentielle Auftraggeber nicht mit Ihnen telefonieren. Bei dem Telefoninterview geht es eher um Sie als Mensch. Was für einen Eindruck machen Sie? Passen Sie ins Team?

  1. Konkretes Ergebnis am Gesprächsende festhalten

Das Gesprächsende ist mindestens genauso wichtig wie der Anfang. Halten Sie mit Ihrem Gesprächspartner fest, wie es weitergehen soll. Fragen Sie ruhig danach, wie der Entscheidungsprozess im Unternehmen aussieht, wann Sie mit einer Nachricht rechnen können, ob Sie nach X Tagen nachfragen dürfen. Sie können auch anbieten, dass das Unternehmen Sie bei noch auftretenden Fragen gerne nochmals kontaktieren kann. So gehen beide Seiten mit einem klaren Ergebnis aus dem Telefonat.
 
Mein Bonus-Tipp: Klarheit haben darüber, was man kann und will
Sie können rhetorisch noch so gewandt sein und alle Kniffe von Telefongesprächen beherrschen, wenn Ihnen Klarheit über Ihre Positionierung fehlt, wird’s auf Dauer nicht klappen. Wenn Sie wissen, wo Sie stehen, was Sie wem anbieten wollen und wo Sie in Zukunft mit Ihrer Freelancer-Tätigkeit hinwollen, d.h. wenn Ihr Marketing-Fundament wirklich steht, dann gelingen Ihnen auch Gespräche mit potentiellen Kunden viel leichter. Denn diese Klarheit wirkt anziehend für Ihr Gegenüber.

Verena Voges ist Marketingberaterin und Strategiecoach. Sie unterstützt Freiberufler, Berater und Consultants dabei, ihre komplexen Leistungen auf den Punkt bringen, sich klar zu positionieren und so leichter Kunden und Aufträge zu gewinnen. Damit die guten Absichten nicht im Tagesgeschäft untergehen, begleitet sie ihre Kunden als Sparringspartnerin während der Umsetzung. Sie arbeitet 1:1 online über Video-Telefonie, Mail und per Telefon. Mit ihrer Erfahrung aus über 18 Jahren in Marketing, Werbung und Vertrieb hilft sie ihren Kunden raus aus der Vergleichbarkeit und rein in den Expertenstatus. Mehr Infos und Tipps gibt es auf www.voges-marketing.de

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Verena Voges ist Marketingberaterin und Strategiecoach. Sie unterstützt Freiberufler, Berater und Consultants dabei, ihre komplexen Leistungen auf den Punkt bringen, sich klar zu positionieren und so leichter Kunden und Aufträge zu gewinnen. Damit die guten Absichten nicht im Tagesgeschäft untergehen, begleitet sie ihre Kunden als Sparringspartnerin während der Umsetzung. Sie arbeitet 1:1 online über Video-Telefonie, Mail und per Telefon. Mit ihrer Erfahrung aus über 18 Jahren in Marketing, Werbung und Vertrieb hilft sie ihren Kunden raus aus der Vergleichbarkeit und rein in den Expertenstatus. Mehr Infos und Tipps gibt es auf http://www.voges-marketing.de

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