Carlos Frischmuth ist Managing Director der Hays AG und in dieser Funktion auch Leiter der Public-Affairs-Arbeit des Unternehmens. Frischmuth ist zudem Gründungsmitglied und Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands für selbständige Wissensarbeit e.V. (ehemals ADESW).
Der Bundesverband für selbständige Wissensarbeit e.V. vereint führende Dienstleister für den projektbasierten Einsatz hochqualifizierter selbständiger Wissensarbeiter sowie hierzu assoziierte Partner. Dabei setzt sich der Bundesverband für mehr Auftrags- und Rechtssicherheit für selbständige Experten wie z.B. IT-Freelancern und deren Auftraggebern ein. Mehr über den Bundesverband für selbständige Wissensarbeit e.V. finden Sie unter: www.selbständige-wissensarbeit.de
Das Jahr 2018 brachte für IT Freelancer weder eine Verbesserung noch eine Verschlechterung in Sachen Auftrags- und Rechtssicherheit. Würden Sie dem zustimmen?
Die Auswirkungen der Novellierung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG Reform 2017) und anderer Arbeitsmarktgesetze, welche zugleich Auswirkung auf die Selbständigkeit haben, haben sich erst zeitverzögert in der Praxis richtig bemerkbar gemacht. Sowohl Auftraggeber, als auch Auftragnehmer sind tagtäglich mit der latenten Rechtsunsicherheit am Markt konfrontiert. Dies ist der hohen Komplexität geschuldet, welche der Einsatz von selbständigen Wissensarbeitern in Dienst- und Werkverträgen gesetzlich mit sich bringt.
Im Markt gibt es auf allen Seiten, bei Auftraggebern, Projekt- und Personaldienstleistern und natürlich auch bei vielen Selbständigen erhebliche Verunsicherung. Wir wissen im Verband von selbständigen IT-Experten, die aufgrund sehr aufwändiger Compliance Prozesse oft zeitverzögert oder gar nicht beauftragt werden, weil arbeits- und sozialrechtliche Aspekte der Beauftragung im Wege stehen. Das ist unschön, aber wir haben leider eine Gesetzgebung, welche flexible Tätigkeiten nicht gerade fördert bzw. regelrecht einschränkt. Die Wirtschaft, die dringend IT-Projekte umsetzen muss, um innovativ und wettbewerbsfähig zu bleiben, leidet darunter. Leider kann ich an dieser Stelle heute auch keine schnelle Lösung versprechen. Wir werden noch Jahre mit dieser Rechtsunsicherheit zu tun haben, daher müssen wir alle gemeinsam am Ball bleiben!
Was hat der Bundesverband für selbständige Wissensarbeit in 2018 unternommen, um das politische Berlin in die richtige Richtung zu bewegen?
Wir suchen den stetigen Dialog mit Politik, Verwaltung und Wissenschaft. Dabei klären wir über die Gruppe der selbständigen Experten auf und versuchen, deren Bedeutung für eine erfolgreiche digitale Transformation in unserem Land zu vermitteln.
In den vergangenen Jahren haben wir über 170 Gespräche im politischen Raum geführt.
Unser Hauptanliegen ist dabei, deutlich zu machen, wie wichtig Rechtssicherheit bei der Auftragsvergabe sowohl für die selbständigen Experten als auch für deren Auftraggeber ist. Dies gilt besonders in Zeiten des sich immer weiter verschärfenden Fachkräftemangels, gerade im Bereich der IT.
In 2018 haben wir zwei Studien zur „Einkommenssituation und Altersvorsorge“ und zur „Beruflichen Zufriedenheit und politische Forderungen“ der solo-selbständigen IT-Experten veröffentlicht: www.freelancer-studie.de. Diese Studien nutzen wir, um eine Faktenlage zu schaffen und empirisch zu belegen: Selbständige IT-Experten sind gerne selbständig, wirtschaftlich sehr erfolgreich mit ihrem Geschäftsmodell und sie sorgen auch für ihr Alter vor. An dieser Stelle noch einmal: vielen Dank an alle Teilnehmer.
Zudem haben wir eine Mailing Aktion an den Deutschen Bundestag durchgeführt. Unter dem Titel: „Hätte, Hätte, Diskette – Rechtssicherheit für selbständige Experten und eine erfolgreiche Digitalisierung für Deutschland“ haben wir auf eine Kampagne mit Augenzwinkern gesetzt und alte Disketten an die Bundestagsabgeordneten gesendet. Dabei haben wir auf die Bedeutung der selbständigen Experten für Deutschland verwiesen und die Politik zum Handeln aufgefordert. Sonst bleibt Deutschland in der „Digitalen Steinzeit“: Zur Kampagne
Was plant der Bundesverband in 2019, um die Sache der IT Freelancer in der Bundespolitik voranzutreiben?
Wir haben viele Ideen in den letzten Jahren entwickelt und gesammelt, von denen wir nur einen Bruchteil bisher umsetzen konnten. Das Ganze muss auch organisiert und finanziert werden, die Logistik dahinter ist enorm.
Daher setzen wir uns noch im Januar im Vorstand zusammen und erarbeiten die Strategie für 2019, mit der wir unsere Anliegen auch weiterhin im politischen Berlin vorantreiben können. Wir stehen bereits im Austausch mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), weiteren Ministerien (u.a. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie) und den zuständigen Fachpolitikern im Deutschen Bundestag. Wir wollen diesen konstruktiven Austausch weiter voranbringen, mögliche Lösungsvorschläge erarbeiten und diese gemeinsam erörtern. Stillstand ist bei unseren Themen Rückstand. Es kann auch sein, dass wir uns in diesem Jahr mit kleineren gezielten Kampagnen deutlich zu Wort melden und dann auch die Unterstützung der IT-Freelancer benötigen, um die Botschaften zu verstärken. So etwas geht nur mit vereinter Kraft!
Wieso haben Sie Ihren Verband von ADESW in Bundesverband für selbständige Wissensarbeit umbenannt?
Die Allianz für selbständige Wissensarbeit (ADESW) hat sich 2015 aufgrund der drohenden Regulierung von Selbständigkeit zusammengefunden. Wäre ein erster Referentenentwurf (Nov. 2015) des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales Gesetz geworden, hätte dies die Beauftragung von selbständigen Experten in der Praxis quasi unmöglich gemacht. Dies konnten wir als Allianz und gemeinsam mit anderen Verbänden abwenden. Doch auch nach der Novellierung des Gesetzes und der Abwendung des größtmöglichen Übels gibt es weiterhin keine ausreichende Rechtssicherheit für Auftragnehmer und Auftraggeber. Das möchten wir langfristig ändern. Deshalb ist aus der Allianz der Bundesverband geworden. Wir sind gekommen, um zu bleiben! Das heißt, dass wir auch in der Zukunft unsere Themen vorantreiben und der Politik als kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung stehen werden. Wir setzen auf langfristige und verlässliche Beziehungen. Zeitgleich lässt sich die Umbenennung auch darauf zurückführen, dass unsere Mitglieder im gesamten Bundesgebiet ansässig sind.
IT Freelancer Magazin: Herr Frischmuth, vielen Dank für dieses Interview.
Ich danke Ihnen.