Klaus-Michael Vent, IT Freelancer mit Schwerpunkt Hostrechner, ist inzwischen Stammautor des IT Freelancer Magazins. Unter seinem Tag it-im-roman finden sich all seine (Hör-)Buchrezensionen, die er im Magazin veröffentlicht hat.
Heute möchte ich mich den Computerspielen widmen, ein bedeutsamer Wirtschaftszweig innerhalb der IT, wie die neuerliche Gamescom in Köln Ende August wieder einmal eindrucksvoll zeigte und gleichzeitig ein nicht zu unterschätzendes Unterhaltungsmedium mit Suchtgefahr.
Im Roman ist das Thema ‚Computerspiele‘ bisher eigentlich unterrepräsentiert, was wohl daran liegt, dass sich deren plastische, bildhafte Sprache und die Spieleaction eher im Medium Film umsetzen lässt. So folgen zahlreiche Filme auf erfolgreiche Computerspiele und umgekehrt. Ebenso kommt die Bildersprache der Comics derjenigen der Spiele noch recht nahe, weshalb es nicht wenige Superhelden-Spiele mit Bezug zu den Bilderheftchen gibt.
Den immerhin häufigsten Bezug haben Computerspiele noch zur Romanbranche, wenn es sich um Romane handelt, die nach Filmen geschrieben werden, die letztlich auf Computerspielen beruhen.
Neben ,Kerberos Gier‘ ein weiterer seltener Fall, in dem tatsächlich mal das Computerspiel in einem Buch thematisiert wurde, war Andrew M. Greeleys „Der Mann, der Gott spielen durfte“ (Originaltitel: God Game, 1986). Hierin wurde noch am Compaq 286 gespielt und gearbeitet und von den Spielern so manches Heer kleiner digitaler Figuren bewegt.
Aus der gleichen Zeit dürften die damals, vor dem Siegeszug der PCs und der Verbreitung wirklich ansehnlicher Spiele, reinen „Spielebücher“ stammen, meistens im Genre Fantasy angesiedelt (wie auch die entsprechenden Rollenspiele). Deren Leser erwartete am Ende einer jeden papierenen Seite bzw. eines jeden kurzen Kapitels eine Entscheidung, z.B.:
– Willst du mit dem Magier kämpfen, so blättere vor zur Seite x.
– Willst du stattdessen die Flucht ergreifen, so blättere vor zur Seite y.
Den folgenden Roman habe ich ausgewählt, weil er sich auch ein wenig mit der Psyche der Spieleprogrammierer beschäftigt:
Kerberos‘ Gier
von
Sylvia Grünberger
Bammental 2010: essencia Verlag (618 / 14+95-) bzw.
Messkirch 2016: Gmeiner Verlag
Der geniale Informatikstudent Georg ist am Computer sogar seinen Professoren immer einige Schritte voraus und beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit künstlicher Intelligenz. Ihm wird von einem Hacker, der Daten von einer Computerspielfirma erbeutet hat, die unfertige Version eines Spiels um den mythischen dreiköpfigen Höllenhund Kerberos (Zerberus) übergeben.
Kurz darauf verschwindet Georg spurlos und seine Studienkollegin Kathrin beginnt zu ermitteln. Sie findet heraus, dass das Spiel bei jeder Benutzung selbstständig dazulernt und – nach seiner Fertigstellung – den Computer des jeweiligen Spielers anhand von dessen Dateien, Fotos, Emails, Internet-Surfvorlieben usw. ausspionieren soll. Scheinbar dient dies dem Spieler zu einem noch realistischeren Spielen.
Georg wurde, wie der Leser mittlerweile erfahren hat, von verbrecherischen Geschäftsleuten gefangen genommen und wird von denen gezwungen, das Spiel fertig zu programmieren. Er kann sich inzwischen weniger gesetzeskonforme Gründe für Kerberos‘ Gier beim Datensammeln vorstellen.
Der Roman ist spannend in den Passagen, in denen Kathrin Detektiv spielt oder sich selbst als Spielerin in das Reich des Höllenhundes wagt… allerdings vor dem PC sitzend, anstatt wie die Helden mancher Filme (TRON mit Jeff Bridges, „Nirwana“ mit Christopher Lambert…) oder Fantasy-Rollenspielabenteuer (z.B. Joel Rosenbergs Buchzyklus um die „Welt des Meisters“) tatsächlich ins Spiel „hineingesogen“ zu werden; Gefahr besteht also „nur“ für ihre Psyche und gegebenenfalls die Sicherheit der Daten, die sie auf dem Rechner hat.
Leider verliert sich Sylvia Grünberger dazwischen jedoch immer wieder in zahlreichen Nebenhandlungen, die die kriminellen Aktivitäten der Schöpfer des mysteriösen Spiels beleuchten und dann wiederum andere Nebenfiguren beschreiben, die von den Halunken erpresst werden usw. Das nimmt viel Tempo aus der Handlung.
Eine weitere Schwäche des Buches besteht darin, dass alle „Helden“ Informatiker oder Hacker sind und daher in ihren Denk- und Handlungsstrukturen einem Computer ähnlicher als ihren Mitmenschen sind, nämlich zu Gefühlsäußerungen kaum in der Lage. So etwas trägt vielleicht eine Arthur-Conan-Doyle-Kurzgeschichte mit einem superlogischen Sherlock Holmes, aber keine Handlung von über 600 Seiten. Gegen Ende sagt der Informatikstudent Georg in einem seltenen Moment der Selbsterkenntnis: „Aber ich bin anscheinend zu blöd, um das nötige Gespür und Feingefühl für andere Menschen zu entwickeln!“
Und seine Nichte, trotz ihres jugendlichen Alters natürlich ebenfalls eine begabte Hackerin, Spieleerfinderin usw., bescheinigt ihm: „Dein Hirn ist derart informatikverseucht, dass man dich ausschließlich auf einer Sondermülldeponie entsorgen kann!“
Kerberos‘ Gier ist ein Krimi mit leichtem SF-Touch. Leicht deshalb, weil für Menschen, die mehr oder weniger regelmäßig Computerzeitschriften lesen oder in der IT arbeiten, die Themen wie Datensammelwut von Behörden (Vorratsspeicherung, Zugriff auf Bankkonten) und Internet-Firmen („der gläserne Kunde“) sowie Hackeraktivitäten, Ausspionieren von PCs usw. bereits allgegenwärtig sind.
Die Autorin von Kerberos‘ Gier
Die Wienerin Sylvia Grünberger traf ich anlässlich ihrer Lesung auf den Mönchengladbacher Krimitagen; sie ist aber auch in den Genres Kindergeschichten (für Radio Wien) und Liebesroman zuhause. Ihrer Begeisterung fürs Fliegen und Fallschirmspringen macht sie in ihrer Krimiserie um das Lufttaxi Luft.
Der Autor dieser Zeilen…
… hat aus reinem Zeitmangel das Computerspielen etwa zur Jahrtausendwende aufgegeben. Es passt einfach neben Hobbies wie Bücherlesen, Schreiben, Hörbuch, Film und Sport nicht mehr in meinen Terminkalender. Meinem damaligen Hang zu Ego-Shootern oder vergleichbaren Abenteuern wie Duke Nukem, Wolfenstein oder Doom (haaaa – Kettensäge und Schrotflinte!), die mich manche Nacht kosteten, kann ich allenfalls noch ab und zu mit einer kleinen Runde Moorhuhn nachgeben.
Und daneben gibt es die ebenfalls kurz anzuspielenden Klassiker wie Tetris, Mahjong, Minesweeper und diverse Kartenspiele, die man im Allgemeinen unter fünf Minuten Zeitaufwand mal eben so zwischendurch bewältigen kann.
Für eines der interessantesten Beispiele zum Thema, diesmal allerdings aus dem Bereich Kurzfilm, halte ich den „Bishop of Battle“, den man sich auch gratis auf Youtube anschauen kann. Die Story entstammt der Filmanthologie „Alpträume“ (siehe https://en.wikipedia.org/wiki/Nightmares_(1983_film) und zeigt, wie Emilio Estevez (Bruder von Charlie und Sohn von Martin Sheen) in einer Spielhalle mit Automaten geradezu in ein Spiel hineinbefördert wird:
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Im nächsten Teil IT im Roman geht es weiter mit dem Thema Miniaturisierung und Robotik!

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Klaus-Michael Vent plünderte schon als Schüler Leihbibliotheken auf der Suche nach Science Fiction Romanen und schrieb dann selbst welche, veröffentlichte in den 1970-er und 1980-er Jahren unter seinem Pseudonym Michael Sullivan Heftromane dieses Genres sowie auch Horror und Western in den Verlagen Pabel, Moewig und Kelter sowie zahlreiche Beiträge (Stories, Artikel, Buchkritiken) für kleine Fantasy-Magazine. In den 1990-er Jahren schrieb er als Programmierer von Börsen-Software Sachtexte zu IT-Themen, Börse, Unterhaltungselektronik und vieles mehr unter anderem für das jährlich erscheinende Lexikon der Gegenwart "Aktuell" (Harenberg-Verlag). Seit dem Jahrtausendwechsel, bei dem er erfolgreich das durch den Millennium-Bug erwartete Chaos verhinderte, legt er seine alten Romane neu bei Verlagen wie Emmerich Books&Media Konstanz und Atlantis Stolberg auf und fügt neue hinzu: http://www.emmerich-books-media.de/htm/9_de.html http://www.amazon.de/-/e/B007DCYM4I Einen Gesamtüberblick über sein literarisches Schaffen, zu dem ihm sein Hauptberuf als Freelancer immer noch ein wenig Zeit lässt, findet man zu seinem richtigen Namen und zu seinem Pseudonym unter http://www.chpr.at/sfs.html Kontakt gerne via Xing http://www.xing.com/profile/Michael_Vent oder Michael_Vent(AT)yahoo.de

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