Einem IT Freelancer, der projektbedingt selten daheim ist (vielleicht sogar im Ausland unterwegs ist) oder grundsätzlich seinen Projekten mit dem kompletten Hausstand hinterherzieht (ich hatte schon mal einen solchen Kollegen in einem Münchner Projekt), könnte eine feste Geschäftsadresse mit zuverlässigem Postservice wirklich das Leben erleichtern. Auch mag nicht jeder IT-Freelancer mit seiner Wohnadresse im Internet stehen und von den Projektkollegen nach der vernachlässigten Hausfassade in Google Streetview gefragt werden. Mindestens wenn Du eine Homepage hast, musst Du nämlich im Internet Deiner Impressumspflicht nachkommen und eine Anschrift preisgeben.
IT Freelancer Magazin: Die steuerliche Behandlung ist in den verschiedenen Bundesländern unterschiedlich. Gerhard Wipijewski, ehemaliger Betriebsprüfer aus Bayern und Vorsitzender der Bayerischen Finanzgewerkschaft, gab vor einigen Jahren in der Zeit zum Besten: „Was meinen Sie, warum die Unternehmen so gern zu uns nach Bayern kommen? Weil sie hier so selten geprüft werden.“ Ist es also möglich, bei Clevver in München ein Geschäft zu eröffnen und so die Steuern beim Finanzamt München zu zahlen?
Stefan Wölcken: Die Details zu dieser Frage sollte man am Besten mit seinem Steuerberater erörtern, denn diese variiert je nach Einzelfall. Wir als Clevver können und dürfen hier keine Beratung anbieten. Was wir sagen können: Je nach Standort bekommt man von uns eine voll ladungsfähige Anschrift mit Postempfang und -digitalisierung.
IT Freelancer Magazin: Andere Unternehmen bieten mir ebenfalls an, meine Geschäftspost zu digitalisieren – was macht Clevver besser?
Stefan Wölcken: Ob wir etwas besser machen müssen unsere Kunden entscheiden. Wir machen aber einiges anders. Zuallererst wird bei uns nicht nur die Post digitalisiert, sondern wir bieten eine Anschrift nach dem Muster „Ihr Name, Friedrichstraße 123, 10117 Berlin“ – also ohne eine Postbox-Nummer oder ähnliches. Und dies an über 40 Standorten weltweit. Darüber hinaus nehmen wir auch Pakete für unsere Kunden entgegen.
IT Freelancer Magazin: Wie viele Kunden hat Clevver denn?
Stefan Wölcken: Wir verwalten weltweit über 11.000 Postboxen.
IT Freelancer Magazin: Manche Geschäftspost muss 6 und manche sogar 10 Jahre aufbewahrt werden (Stichwort: Aufbewahrungspflicht) – wie wird das seitens Clevver gewährleistet?
Stefan Wölcken: Die für unsere Kunden empfangene Post scannen wir auf Wunsch ein. So erhalten sie eine digitale Kopie in Form eines OCR durchsuchbaren PDFs. Diese können sie herunterladen, in die private Cloud übertragen oder sich per E-Mail zusenden. Die physische Post können sie entweder bei uns lagern oder sich bequem einzeln oder gesammelt an eine Wunschadresse zusenden lassen.
IT Freelancer Magazin: Das IT Freelancer Magazin hat einige Weihnachtsaufmerksamkeiten per Paket erhalten (danke nochmals – immer gerne!). Wie funktioniert das bei Euch mit Paketen?
Stefan Wölcken: Wie gesagt können Sie bei uns auch Pakete empfangen – an jedem unserer über 40 weltweiten Standorte. Dann kann man sie sich, wie die Post auch, an jede beliebige Adresse weiterleiten lassen. Wenn Sie davor erst mal einen Blick hineinwerfen möchten, öffnen wir auf Wunsch das Paket und machen ein Foto vom Inhalt. Und bei der Paketgröße sind fast keine Grenzen gesetzt, so haben wir in Mumbai schon ein Piano angenommen und in London die Motorhaube eines Oldtimers.
IT Freelancer Magazin: Aktuell hat das IT Freelancer Magazin seinen Firmensitz im mittelfränkischen Uttenreuth. Was sind die konkreten Schritte, wenn das IT Freelancer Magazin jetzt mit Clevver* nach München „umziehen“ möchte?
Stefan Wölcken: Von unserer Seite ist es ganz einfach: Sie buchen bei uns eine Business-Postbox in München für 19,95 € im Monat. Bevor Sie diese Adresse allerdings nutzen können, müssen Sie in unserem mehrstufigen Verifizierungsprozess nachweisen, dass Sie auch der sind, für den Sie sich ausgeben. Unser Verifizierungsprozess unterscheidet sich hier je nach Standort und ob der Kunde eine Privatperson oder eine Firma ist. Erst wenn alle benötigten Unterlagen vorliegen und unsere speziell geschulten Mitarbeiter hier grünes Licht geben können Sie die Adresse vollständig nutzen.
IT Freelancer Magazin: Jetzt haben ja Briefkastenfirmen im Allgemeinen eher keinen guten Ruf. Was tut Ihr, um dem entgegen zu wirken?
Stefan Wölcken: Und genau das ist eigentlich falsch, denn Briefkastenfirmen sind völlig legal und schlicht praktisch. Die Bezeichnung „Briefkastenfirma“ steht für ein Unternehmen, das eine gewerbliche Adresse nutzt, an der aber nicht das eigene Personal anwesend ist. Während in Deutschland Briefkastenfirmen aber seit jeher in das Umfeld unseriöser Handlungen gerückt werden, sind diese in den USA längst der übliche Standard, ohne dass sie dabei in rechtliche und steuerliche Grauzonen vorstoßen. Seit vielen Jahren vertrauen große wie auch kleine amerikanische Firmen auf virtuelle Geschäftsadressen, unabhängig von der Lokalität des Firmensitzes, der sich oftmals auch nur in den eigenen vier Wänden befinden kann. Gerade auch IT Freelancer können davon profitieren: Ohne großen finanziellen Aufwand können sie im Heimatmarkt professioneller auftreten oder in neuen Märkte präsent sein und ihre ersten Schritte in neue Gefilde wagen. Ganz konkret haben wir einen mehrstufigen Verifikationsprozess, mit dem wir sicherstellen wollen, dass unsere Postboxen nur von den Personen gebucht werden, die dann auch auf dem Briefkasten stehen. Dabei halten wir uns selbstverständlich auch an die Gesetze gegen Geldwäsche. In der Verifikationsabteilung bekommen wir täglich viele Dokumente aus vielen Ländern zu Gesicht, unsere Mitarbeiter haben da ein gutes und geschultes Auge und sortieren so manche gute Ausweisfälschung aus. Im Zweifelsfall fordern wir weitere Dokumente an. Unser Ziel ist es, sicherzustellen, dass unsere Postboxen nur für legale Zwecke gebucht werden. Wenn wir auch nur ein Anzeichen haben, dass etwas Unrechtes geschieht, wird ein Vertrag sofort beendet. So steht es auch in unseren Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Was meinst Du dazu – ist ein eBüro für einen IT Freelancer sinnvoll? Hinterlasse gleich einen Kommentar.
Stefan Wölcken ist seit Ende letzten Jahres der Head of Marketing der Clevver GmbH, einem Anbieter virtueller Büros u.a. für IT Freelancer.
Clevver bietet „Internationalization as a Service“*: IT Freelancer, Start-ups sowie kleine und mittelständische Unternehmen können hierdurch vollständig digital Niederlassungen im Ausland gründen – inklusive Adresse und Telefonnummer. Daneben ist die aktuelle Hauptdienstleistung das digitale Managen von Geschäftspost, also der Empfang, der Scan, der dann im Web oder einer App einsehbar gemacht wird und auch die physische Weiterleitung. Clevver wirbt offensiv mit renommierten Geschäftsadressen in zentralen Lagen angesagter Metropolen in der ganzen Welt. Ob ein IT-Freelancer mit einer Geschäftsadresse in Berlin-Mitte besser fährt, als mit einer Postanschrift im Brückweg 2 in Würselen, sei dahingestellt – jedenfalls bietet Clevver Geschäftsadressen in Top-Lagen. Neben IT Freelancern dürfte dieser Prestigeaspekt auch noch für IT-Freelancer-Vermittler interessant sein.
11 Kommentare
Pingback: Briefkastenfirma? - Erneut Spam von Agentur mit Adresse Friedrichstraße 123 Berlin | KonVis – mehr Erfolg Online
Laut Gerichtsurteil von 2017 handelt es sich eben NICHT um eine ladungsfähige Adresse!
Hallo Frau Schutz,
wären Sie so freundlich und könnten Sie uns Ihre Quelle über das Gerichtsurteil nennen, damit wir diese verifizieren können?
Besten Dank
BB
Ich denke, es geht um dieses Urteil: https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=29%20U%208/17
Es erscheint merkwürdig, dass das Gericht keinen Unterschied zwischen einem Postfach und der elektronischen Weiterleitung von Post sieht: Zitat: „Es ist nicht ersichtlich und vom Beklagten auch nicht dargelegt, inwieweit der Vertrag über das „Virtual Office Mailbox Plus“, bei dem eine Weiterleitung der Post an den Beklagten nach dem Vortrag der Klägerin elektronisch erfolgt, im Hinblick auf eine ladungsfähige Anschrift über die Unterhaltung eines herkömmlichen Postfachs hinausgehen soll.“
Mich würde auch interessieren, ob ich ein Risiko eingehe, wenn ich im Impressum eine „ClevverAddress Business Address“ angebe.
Lieber Interessierte Leser,
vielen Dank für den Link zum konkreten Urteil und Ihre Ausführungen hierzu. Das Urteil wirkt fast anachronistisch – wenige Tage nach dem Urteil ist folgender Artikel erschienen: https://www.welt.de/wirtschaft/article170098780/In-dieses-Land-koennen-Sie-jetzt-digital-auswandern.html
Nun bin ich kein Jurist, aber eine gewisse Bedeutung scheint mir dem Gericht in der Empfangsvollmacht zu liegen: „Soweit der Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz vorträgt, dass er dem „Vermieter“ „Empfangsvollmacht“ erteilt habe, ist dieser – von der Klägerin bestrittene – neue Sachvortrag gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 ZPO nicht zu berücksichtigten, so dass dahinstehen kann, ob die Erteilung einer Empfangsvollmacht an den Vermieter ausreicht, den Betrieb einer Niederlassung im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG anzunehmen.“
Herzliche Grüße,
Michael Wowro
Danke für die Einschätzung und den Artikel in der Welt!
Laut Gerichtsurteil von 2017 handelt es sich eben NICHT um eine ladungsfähige Adresse!
Hallo Frau Schutz,
wären Sie so freundlich und könnten Sie uns Ihre Quelle über das Gerichtsurteil nennen, damit wir diese verifizieren können?
Besten Dank
BB
Ich denke, es geht um dieses Urteil: https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=29%20U%208/17
Es erscheint merkwürdig, dass das Gericht keinen Unterschied zwischen einem Postfach und der elektronischen Weiterleitung von Post sieht: Zitat: „Es ist nicht ersichtlich und vom Beklagten auch nicht dargelegt, inwieweit der Vertrag über das „Virtual Office Mailbox Plus“, bei dem eine Weiterleitung der Post an den Beklagten nach dem Vortrag der Klägerin elektronisch erfolgt, im Hinblick auf eine ladungsfähige Anschrift über die Unterhaltung eines herkömmlichen Postfachs hinausgehen soll.“
Mich würde auch interessieren, ob ich ein Risiko eingehe, wenn ich im Impressum eine „ClevverAddress Business Address“ angebe.
Lieber Interessierte Leser,
vielen Dank für den Link zum konkreten Urteil und Ihre Ausführungen hierzu. Das Urteil wirkt fast anachronistisch – wenige Tage nach dem Urteil ist folgender Artikel erschienen: https://www.welt.de/wirtschaft/article170098780/In-dieses-Land-koennen-Sie-jetzt-digital-auswandern.html
Nun bin ich kein Jurist, aber eine gewisse Bedeutung scheint mir dem Gericht in der Empfangsvollmacht zu liegen: „Soweit der Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz vorträgt, dass er dem „Vermieter“ „Empfangsvollmacht“ erteilt habe, ist dieser – von der Klägerin bestrittene – neue Sachvortrag gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 ZPO nicht zu berücksichtigten, so dass dahinstehen kann, ob die Erteilung einer Empfangsvollmacht an den Vermieter ausreicht, den Betrieb einer Niederlassung im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 TMG anzunehmen.“
Herzliche Grüße,
Michael Wowro
Danke für die Einschätzung und den Artikel in der Welt!