Eine Zeitreise ins Jahr 1996
Ich möchte Sie gerne mit auf eine Zeitreise in das Jahr 1996 nehmen, als ich mit 18 Jahren mein Unternehmen mit dem Markenname EASY USE gegründet habe. Damals und bis heute, ein eigentümergeführtes Einzelunternehmen mit dem Anspruch alle Produkte und Dienstleistungen so anzubieten, dass diese dem Kunden seinen Alltag im Umgang mit EDV, mobilen Endgeräten und in der Kommunikation mit anderen erleichtern.
Diese Vision könnten heute viele in Smartphones verwirklicht sehen – als eierlegende Wollmilchsau aus ehemals Taschencomputer für Office-Funktionen, Terminplanung und Agenda, Handy zum Telefonieren, sowie als Mini-Laptop, um im Internet zu surfen.
Aber reisen wir zurück nach 1996. Damals gab es als das Neuste vom Neuen die „Volksaktie der Telekom“ und selbst Mitschüler der Abiturklasse sahen sich bereits als „Mini-Broker“ an der Frankfurter Börse, kurz vor dem Sprung an die Wallstreet. Es war die Zeit, als das digitale Mobilfunknetz sich gerade in D1 der Telekom, D2 von Mannesmann, Eplus und O2 Interkom nach über einem Jahrzehnt des analogen C-Netzes diversifiziert hatte und Mobilfunknutzung langsam für die breitere Masse der Berufstätigen erschwinglich wurde. Flatrate für Internetnutzung oder gar Roaming-Flat waren da noch nicht erfunden. Meine Unternehmung starte ich auf Basis zweier Produkte, die ich für besonders hilfreich für den „Road Warrier“ hielt, also all jene Menschen, die damals noch physisch als Außendienstler von Versicherungen, Verkaufsabteilungen und Botschafter ihrer Unternehmen viel reisen mussten. Es waren der Hewlett-Packard Palmtop 200LX und der OmniGo 700LX mit dem NOKIA 2110 D-Netz Handy Huckepack, um direkt vom Palmtop über Mobilfunk Faxen zu können und sogar über die GSM-Geschwindigkeit textbasierende Mails z.B. über CompuServe oder AOL Dienste abzurufen.
Eines hatten diese MS DOS basierten Geräten gemeinsam: Sie kannten keine Viren, keine Malware und – Sie werden lachen – von beiden habe ich noch Sammlerstücke lauffähig, weil sie für die meisten damals reisend unterwegs notwendigen Anforderungen alle Anwendungen bereitstellten, wie Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Datenbank, Emailprogramm, Buchhaltungsprogramm, Fahrtenbuch, Faxprogramm (beim OmniGo 700LX), und die Ergänzungsfähigkeit um zahlreiche am Markt verfügbare DOS-Programme hatten. Ach ja, das war auch die Zeit vor 2012, also bevor der Siegeszug der Smartphones einsetzte, als Zusatzprogramme nicht APPs für Applications hießen, sondern noch Programme, weil diese programmiert werden mussten und noch nicht über z.B. Communities wie GitHub „smart combined“ wurden. Die Affinität zu pfiffiger Technik wurde mir in die Wiege gelegt und so auch die Partnerschaft seit 1996 durchgängig mit Hewlett-Packard. Beileibe will ich hier keine singuläre „Schleichwerbung“ machen und betone direkt, dass in den letzten 25 Jahren mir auch von Unternehmen wie SAGEM mit superleichten Handys, XICOM mit sehr hilfreichen PC Cards, CITIZEN mit dem kleinsten Thermodrucker der Zeit dem PN 60 oder Sandisk mit damals „megagroßen“ PC Card Speicherkarten von 64 Megabyte begegnet sind und von mir ergänzend vermarktet wurden.
Aber zurück zu Hewlett-Packard und der mir in die Wiege gelegten Affinität zu Technik. Das beschreibt mich wohl auch als eine der seltenen Exemplare weiblicher „Nerds“, die gemäß aktueller politischer Diktion immer noch gefunden und gefördert werden sollen. 😊 Noch vor der Gründung meiner eigenen Selbständigkeit 1996 bin ich ab dem Alter von ca. 10 Jahren mit HP Vectra QS DOS Personal Computern und meinem eigenen ATARI ST1040 groß geworden. In der Oberschulzeit gab es neben der DOS Batchprogrammierung, eben auch dieses wundervolle GEM-OS des ATARI, mit dem Bienchen als Aktivitätsanzeiger der Maus und der grafischen Oberfläche, um Anfang der 90er Jahre bereits über meinen EPSON Matrix-24-Nadeldrucker auf Endlospapier eine Schülerzeitung zu drucken. Es waren Pionierzeiten … und so für mich 1996 auch keine Frage mein eigenes Unternehmen zu gründen, als Volljährigkeit und das bis dato für wenige bekannte und verfügbare Internet von T-Online den reinen BTX-Betrieb ablöste. Dienste, wie AOL, YAHOO, CompuServe oder Suchmaschinen wie AltaVista kommen mir da in Erinnerung. BTX war für viele betrieben über Akustikkoppler nur von Sinn und Zweck gewesen, damals schon Online-Banking zu betreiben oder für besondere Freaks, darüber wie beim Teletext am Fernseher Wetternachrichten, Lottoquoten oder Spielergebnisse der Fußballspiele abzurufen. Aber jetzt war da das Internet mit der Sprache html – hyper text markup language. Welch ein Unterschied zur Batch-Programmierung unter DOS und dem – zumindest von mit gehassten PASCAL – aus dem Informatikunterricht im Gymnasium.
Die ersten Onlineshops & Start der Karriere
Ein jeder Unternehmensgründer (das Wort „Start-Up“ gab es 1996 so noch nicht in aller Munde, denn es kam erst mit der Gründungswelle und dem weltweiten Hype um IT-Gründer um die Jahrtausendwende auf), muss sich um Marketing kümmern, also Wege finden, potentielle Kunden auf sich und vor allem sein Produkt- und Dienstleistungsangebot aufmerksam zu machen.
Da war nun diese große, weite Welt des Internet und persönlich hatte ich bereits Kontakt in die USA zu Lieferanten, Universitäten und auch privaten E-Mail-Brieffreunden aufgebaut. Warum also nicht auch vorne dabei sein, bei den „Online-Shops“? Es gab bereits Lösungen für Großkonzerne, die vom reinen Katalogversandgeschäft zusätzlich ins Internet als Angebotsraum einsteigen wollten. Aber für eine Unternehmensgründerin waren diese technisch, finanziell und von der Leistungsfähigkeit ein klarer „Overkill“. Also blieb: Selbst programmieren, erstellen, bauen. Gesagt, getan und 1997 ging ich mit meiner eigenen Marke und Domain easy-use.de an den Start. Ab dann wuchs mein kleines Unternehmen langsam aber stetig zum Vollerwerb heran, während ich – wie die meisten meines Jahrgangs – parallel ins Fernstudium an der Fernuniversität Hagen für Wirtschaftswissenschaften und Informatik einstieg.
Das Jahr 2000 Problem
Dann kam das am Horizont wie dunkle Wolken aufziehende „Jahr 2000 Problem“. Zeitgenossen unter den Lesern werden sich erinnern und sicherlich noch die Dimensionen der Befürchtungen in der IT-Welt vor dem inneren Auge wahrnehmen. Die Millenials unter den Lesern werden sich fragen, ob sie gemeint sind. 😉 Nein, selbstverständlich nicht! Das „Jahr 2000-Problem“ war noch eine aus den Anfängen der Computer ererbte Sparsamkeit an Bitstellen und damit dem immer weitermitgenommenen Phänomen, dass man innerhalb von Programmen, technischen Steuerungen und auch Großrechnern mit Finanzdaten das Datum nur 6-stellig schrieb. Also zum Vergleich den 1. Januar 1996 in deutscher Computerlogik als 01.01.96. Aber was würde passieren, wenn das Datum auf den 1. Januar 2000 springen würde? Das wäre dann der 01.01.00. Welches Jahr würden die Programme „verstehen“, wenn diese auf 00 träfen? Wäre es 1900 oder 2000? Banken haben so viele IT Freelancer angeheuert wo nur zu finden, Energiekonzerne haben soweit möglich verdeckte Probeläufe gefahren, um zu sehen, ob im Falle, dass die Programme auf 1900 zurückfallen würden, weltweit die Lichter ausgingen oder Error-Routinen einsetzten, weil Buchungen vom 31.12.99 nach 01.01.00 nicht rückwirkend möglich wären. Es waren spannende Zeiten und ich durfte auch zeitweise an diesem Problem, bzw. dessen Vermeidung, mitarbeiten. Und dann … Silvester 1999 … ITler in aller Welt saßen wohl wie auch ich, mit der Taschenlampe in der einen und dem Sektglas in der anderen Hand im Keller vor dem Sicherungskasten, um bei einem möglichen Black-Out der Energieversorgung, als eine der ersten den Schutzschalter im Sicherungskasten auszustellen, um erst später als „Konsument“ am langsam wieder hochzufahrenden Netz teilnehmen zu wollen. Denn mal eben aus und dann wieder an, wenn Millionen Haushalte und Firmen Strom wollen, wenn der mal flächendeckend weg sein sollte, geht nicht. Aber es kam Null Uhr, das Licht im Keller flackerte leicht, blieb aber an und wir im kleinen Kreis fielen uns nach Monaten der Bekämpfung des „Jahr 2000 Problems“ in die Arme vor Erleichterung.
Das neue Jahrtausend hatte begonnen, das Internetzeitalter nahm Fahrt auf, an den Börsen entstandene Shooting-Stars wie InterShop, als nur ein Beispiel, das mir gerade einfällt. Mein Kundenspektrum erweiterte sich im gesamten deutschsprachigen Raum, da ich ja über das Internet mit meinem Shop zu finden war. Hewlett-Packard, wie andere auch z.B. NOKIA mit seinem Communicator oder Palm mit seinen Handhelds, hatte den Trend der mobilen Endgeräte auch zum Anlass genommen die HP Jornada Serie aufzulegen, bestehend aus einem Mini-Laptop mit 8 Stunden Akkulaufzeit unter Windows CE, mehreren Handheld – damals Clamshell genannt – mit farbigem Querbildschirm und handlichen PDAs (Pocket Digital Assistants)- zuerst noch ohne eingebauter Handyfunktion, später mit. Der Digital Nomad, der mobile Weltenbummler, konnte durchstarten und ich ihm dazu die passenden Geräte, Zubehör und Einrichtung anbieten. Es waren wieder spannende Zeiten, in denen Genius und Individualität gefragt waren. Das Internet war immer noch im positiven Sinne, wie der „wilde Westen“, ein digitales Land der Vielfalt an Angeboten, Austausch, plötzlich weltweiter Verfügbarkeit von Informationen, Bildungsangeboten (leider zumeist nur aus den USA und Canada) und die große Erdkugel mit Kontinenten schien im Bildschirm auf das „Globale Dorf“ zusammen zu schrumpfen. Ersatzteile für ältere aber noch lauffähige Geräte habe ich damals direkt aus Taiwan senden lassen. Das ging da noch ohne Regulierung bürokratischen Aufwand. So entstand bereits zu dieser Zeit meine zweite Unternehmensvision: Nicht direkt ‚schmeiß weg, kauf neu‘, sondern überlege, ob das Gerät die Anforderungen noch erfüllt, die Du an es stellst und es nur eine kleine Reparatur braucht. Das Ersatzteil- und Reparaturgeschäft war hinzugekommen, denn immer nur, neu, neu, neu und weg damit, weg damit, weg damit, konnte es aus meiner Sicht als technikbegeisterter Frau nicht sein. Das Gerät das heute auf den Müll fliegen sollte, war vor ein oder zwei Jahren noch „der neuste Schrei“. Ich erinnere mich an Bilder im Fernsehen, wenn PCs oder Laptops mit der neuen Generation von noch schnelleren Prozessoren oder größerer HDD angeboten wurden, als sich Menschschlangen morgens vor Aldi-Filialen oder bei Media-Saturn gebildet haben und die Mitmenschen mit Megakartons aus den Läden kamen, mit einem Gesicht als hätten sie das letzte Exemplar noch ergattert und als gäbe es kein Morgen. Ok, diese Bilder haben sich zehn Jahre später wiederholt bei den Apple-Stores, wenn neue Apple iPhone der x-ten Generation für schlappe EUR 799,- angeboten wurden.
Der zweite Teil des Artikels erscheint in einer der nächsten Ausgaben!
Ein Kommentar
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