Ergebnisse der GULP Arbeitsleben Studie 2021 zu Skills, Zufriedenheit und Anforderungen an die Auftraggeber

Was braucht man, um als Freelancer erfolgreich zu sein? Warum haben sich Freelancer selbstständig gemacht? Sind sie zufrieden mit ihrer Tätigkeit? Und welche Kriterien entscheiden bei der Wahl der Auftraggeber? All das und mehr hat die GULP Arbeitsleben Studie 2021 untersucht.

Nicht nur Fachwissen entscheidet über Erfolg

Anders als vielleicht angenommen, ist Fachwissen für die Befragten nicht das Wichtigste, um als Freelancer erfolgreich zu sein. Auf die Frage „Was ist wichtig, um als Freelancer erfolgreich zu sein?“ lag dieses im Mittelfeld der Antworten auf dem zehnten Platz. Das Bild des nerdigen IT-Experten und “Fachidioten” sucht man in den Umfrageantworten also vergeblich.
Vielmehr geht es laut den Teilnehmenden darum, sich die passenden Soft Skills anzueignen. Es werden unternehmerisch denkende, selbstbewusste und kommunikationsstarke Typen gesucht. Kunden beauftragen schließlich nicht das Wissen, sondern Personen, die dieses gewinnbringend und überzeugend einbringen und vermitteln. Ganz vorne lag bei den Antworten dabei die Fähigkeit des „Selbstständigen Arbeitens“ mit 84,2 Prozent der Antworten. Daneben wurden „Selbstbewusstsein“, „Kommunikationsfähigkeit“ und „Flexibilität“ als weitere wichtige Eigenschaften genannt.

Freelancer sind selten nur aus beruflicher Notwendigkeit selbstständig

Es ist wohl also ein besonderer Menschenschlag, der den Weg ins Freelancertum eingeschlagen hat. Dabei scheint die Fähigkeit zu selbstständigem Arbeiten kein Skill zu sein, den sich die freien Experten zwangsweise aneignen müssen. Vielmehr sind sie genau deshalb Freelancer geworden. Darauf weisen zumindest die Ergebnisse zu den Beweggründen für den Schritt in die Selbstständigkeit hin.
Die Top-Antwort war hier der Punkt „Unabhängigkeit/Selbstständigkeit“ mit 84,1 Prozent. Für mehr als die Hälfte der Befragten waren zudem „Bessere Verdienstmöglichkeiten“, „Abwechslungsreiche Tätigkeit“ sowie „Flexible Arbeitszeiten“ ausschlaggebend.

Der Punkt “berufliche Notwendigkeit” liegt mit 15,6 Prozent auf den hinteren Plätzen. Das zeigt deutlich den großen Unterschied zwischen der oftmals vorherrschenden (politischen) Meinung, Freelancer würden durch äußere Umstände und Zwang in die Selbstständigkeit gedrängt. Was in Branchen wie der Logistik leider noch sehr weit verbreitet und äußerst verurteilenswert ist, trifft eben nicht auf alle Branchen zu. Vor allem im Bereich der selbstständigen Wissensarbeit ist der Weg in das Freelancertum mehrheitlich eine bewusste Entscheidung.
Das scheint sich auch in der Zufriedenheit von Freelancern widerzuspiegeln, denn 86,5 Prozent der Studienteilnehmenden sind zufrieden oder sehr zufrieden mit ihrer Tätigkeitsform.

Festanstellung? Nein danke.

Demnach ist es auch nicht sehr überraschend, dass sich 61,3 Prozent der Befragten keinen Wechsel in eine Festanstellung zu denselben Konditionen vorstellen können. 18,8 Prozent sind hier unsicher. Immerhin 19,9 Prozent sehen eine Festanstellung als Option – mehr als gedacht, wenn man diese Zahl mit den Zufriedenheitswerten vergleicht.

Darauf legen Freelancer bei ihren Kunden Wert

Trotz aller Krisen der letzten Jahre ist für Freelancer in Deutschland die Auftragslage weiterhin gut und der Markt tendenziell ein Kandidatenmarkt. Unternehmen suchen händeringend nach IT-Experten, denn die Digitalisierung hat durch die Corona-Krise einen weiteren Schub erfahren.
So können die IT-Selbstständigen weiterhin wählerisch bei der Projektakquise sein. Die GULP Arbeitsleben Studie wollte daher auch herausfinden, worauf die freien Experten bei der Entscheidung für einen Kunden Wert legen. Hier standen der Stundensatz, ein hoher Remote-Anteil sowie die fachliche Herausforderung an oberster Stelle.

Interessant sind auch die Ergänzungen, die die Teilnehmer neben den festgelegten Antwortkategorien in einem Freitext-Feld tätigen konnten. Hier lässt sich erkennen, dass es bei der Entscheidung für einen Kunden um weit mehr als nur die Rahmenbedingungen eines Projekts geht.

Scrum: für viele ein No-Go

Für viele Freelancer ist die Art des Projektmanagements in Unternehmen ein entscheidender Faktor. Häufig werden hier der Reifegrad im Projektmanagement und die Professionalität in der Organisation als wichtige Faktoren genannt. Eine Methode wird dabei in den Antworten überraschend häufig negativ gesehen: Scrum. In vielen Unternehmen ist das Framework mittlerweile zum Standard geworden. In der Fachliteratur wird es als besonders effizient gelobt. Schon längst wurde Scrum vom ursprünglichen Anwendungsbereich in der Software-Entwicklung auf viele weitere Gebiete übertragen.
Die freien Experten stören sich hier an der Vielzahl der standardmäßigen Meetings, die in Scrum vorgesehen sind und an denen sie teilnehmen müssten, wie ein Teilnehmer im Freitext-Feld erklärt: “Als selbständiger Freiberufler arbeite ich nicht nach Scrum, da ich nicht Teil des Teams bin und ich mich nicht täglich auf’s Neue in Planungs- und Statusmeetings abstimmen kann und möchte. Ich habe eine eigene Agenda und mir reicht eine wöchentliche Abstimmung. Arbeitsaufgaben sollten entsprechend geschnitten sein.”
Diese Einbindung in die Strukturen der Kunden mag sich zum einen einengend auf die Flexibilität der Freelancer auswirken – ein Faktor, den Umfrageteilnehmer als einen der Top-Gründe für die Entscheidung zur Selbstständigkeit nannten. Ist diese freie Zeiteinteilung nicht gegeben, erhöht das zum anderen auch das Risiko, von der Deutschen Rentenversicherung als scheinselbstständig eingestuft zu werden. Es ist also nicht verwunderlich, dass viele freie Experten der Scrum-Methode skeptisch gegenüberstehen. Dabei sollte das Framework per se nicht sofort als schlecht abgestempelt werden. Für die Unternehmen gilt es jedoch, das Scrum durchdacht aufzusetzen und die Rolle der Freien darin mit viel Fingerspitzengefühl zu definieren.

Zeitliche und räumliche Flexibilität

Passend dazu spielt auch die flexible Arbeitseinteilung für die Projektauswahl eine Rolle. Die Freitextantworten verdeutlichen, dass nicht jeder Freelancer Wert auf eine 40-Stunden-Woche legt. Auch hier schlägt sich der große Wunsch nach Unabhängigkeit nieder. So möchten viele Freelancer selbst entscheiden, wie viel Zeit sie pro Woche für ein Projekt aufbringen. Einige würden gerne 80 Prozent ihrer Zeit investieren, andere hingegen mehrere Teilzeitprojekte gleichzeitig annehmen. Auch die Wahl der Technologie zur Umsetzung möchten viele selbstbestimmt verantworten.
Ebenfalls oft thematisiert wurde der Aspekt der Remote-Arbeit oder hybride Arbeitsweisen. In den vorgegebenen Antworten auf Platz zwei, unterstreichen die Kommentare ebenfalls, dass die Möglichkeit zur Remote-Arbeit ein essenzielles Kriterium für die Auftraggeberwahl ist. Alternativ scheint auch ein wohnortnaher Projekteinsatz in Frage zu kommen. Die Zeiten, in denen freie Experten durch halb Deutschland pendeln, nur um beim Kunden vor Ort zu sitzen, scheinen langsam passé zu sein. Corona hat gezeigt, dass es auch anders geht.
In den letzten Jahren haben sich New Work Konzepte rasant ausgebreitet und etabliert. Eine Rückkehr in das klassische, durchgehend bürogebundene Modell lässt sich heutzutage nur noch schwer vor der Belegschaft rechtfertigen, vor allem in Bereichen wie der IT.

Ethische Aspekte und der respektvolle Umgang

Obwohl der Punkt “Guter Ruf des Unternehmens” im Ranking nur im Mittelfeld rangiert, scheint er die freien Experten bei der Projektwahl doch ausschlaggebend zu beeinflussen. Laut den Freitextantworten geht es unter anderem darum, wie nachhaltig ein Unternehmen arbeitet oder wie es mit Diskriminierung umgeht, egal ob aufgrund von Alter, Herkunft oder Geschlecht. Auf der anderen Seite sehen manche Teilnehmenden ganze Branchen als kritisch und haben diese auf eine persönliche Blacklist gesetzt. Hier wurde vor allem die Rüstungsindustrie genannt. Selbstverständlich spielt auch das Arbeitsklima eine Rolle, denn niemand möchte respektlos oder gar herablassend behandelt werden. Zwar ist dieser Aspekt nicht immer im Vornherein klar, doch derartiges Fehlverhalten macht schnell die Runde in Freiberuflerkreisen.

Das Gesamtbild muss stimmen

Es ist also nicht nur der Stundensatz, der bei der Anbahnung von Projektverträgen eine Rolle spielt. Oft wurde in der Kommentarsektion noch “die Summe aller Faktoren” ergänzt. Das Gesamtbild muss stimmen. Oder wie es ein Umfrageteilnehmer zusammenfasst: Ein “fairer und professioneller Umgang mit mir als Unternehmer und Dienstleister.”
Hinweis zur Datenauswertung: Analysiert wurden die Antworten aller teilnehmenden Freelancer unabhängig von ihrer Branche. Diese wurden von mit denen aus der Projekt-Branche „IT / Software“ verglichen. Es gibt bei den Ergebnissen kaum nennenswerte Unterschiede, sodass davon ausgegangen werden kann, dass die Daten auch ohne den speziellen Branchenfilter aussagekräftig für die Zielgruppe „IT-Freelancer“ sind.

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Monika Riedl verantwortet bei GULP die Bereiche Social Media und PR und ist zudem leitende Redakteurin der GULP Knowledge Base, dem Informationspool für freie und festangestellte Experten in IT, Engineering und Life Science. Nach ihrem Studium der Allgemeinen und Typologischen Sprachwissenschaft an der LMU München führte sie ihr Weg über eine PR-Agentur zu GULP.

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