Ihre Entscheidung ist gefallen: Sie machen sich als Freelancer selbstständig. Herzlichen Glückwunsch! Damit gewinnen Sie zweifellos viel berufliche Unabhängigkeit dazu. Allerdings bedeutet dieser Schritt auch, dass Sie eine Menge Verantwortung übernehmen und Eigeninitiative zeigen müssen. Der folgende Artikel gibt einen Überblick über die Herausforderungen, die das Leben als Selbstständiger mit sich bringt und soll helfen, Ihnen den Start ins Freelance-Leben zu erleichtern.

Das Wichtigste zuerst: Finden Sie Ihren Fokus

Eins vorab: Allgemein sind die Aussichten für IT-Freelancer auf dem Markt ausgezeichnet – das bestätigen zahlreiche Analysen, u. a. die Studie „IT-Freiberufler 2021“ der Zeitschrift Computerwoche. Wie erfolgreich Sie als Freelancer tatsächlich sind, entscheidet letztlich aber die richtige Positionierung. Um sich von der Konkurrenz zu differenzieren, ist es hilfreich, sich zunächst auf die eigenen Stärken zu besinnen und sein Geschäftsmodell gezielt darauf auszurichten. Klar: Auch Allround-Talente werden immer wieder gesucht. Doch gerade im IT-Bereich mit seinem großen Fachkräftemangel sind Menschen mit beruflicher Spezialisierung derzeit gefragter denn je. Die Positionierung kann dabei z. B. nach technischen, methodischen oder branchenspezifischen Gesichtspunkten erfolgen.

Businessplan erstellen: Wo soll’s denn hingehen?

Die Aufgabe eines Businessplans ist es, eine Geschäftsidee kalkulierbar zu machen. Er hilft angehenden Freelancern dabei, ihre grundsätzliche unternehmerische Marschroute festzulegen, den Markt, Wettbewerber, Entwicklungen und Zielgruppen richtig einzuschätzen und Herausforderungen und Risiken zu identifizieren. Wichtig ist dabei, dass der Plan ein möglichst realistisches Bild der Zukunft beschreibt. Schönfärberei ist fehl am Platze, da zu optimistische Beurteilungen schon oft zum Scheitern junger Unternehmen geführt haben. Und natürlich ist der Businessplan nicht zuletzt auch ein Verkaufsinstrument – nämlich für potenzielle Kapitalgeber wie Banken, staatliche Stellen oder private Investierende, die auf dieser Grundlage entscheiden, ob sie das Vorhaben finanzieren möchten.

Finanzierung (und Förderung?) abklären

Sich selbstständig zu machen, kostet Geld. Dessen sollte man sich bewusst sein – schließlich dauert es eine Weile, bis das neu gegründete Business Gewinn abwirft. Bei entsprechenden Kalkulationen zu berücksichtigen sind etwa Posten wie Büro- bzw. Homeoffice-Ausstattung sowie Ausgaben für Marketingzwecke, beispielsweise für den Aufbau einer eigenen Website. Auch laufende Aufwendungen für Miete, Büromaterial, Versicherungen, Lebenshaltungskosten und ähnliches müssen einkalkuliert werden. Wie viel Startkapital insgesamt nötig ist, hängt von Art und Weise der Geschäftstätigkeit ab. Wenn die vorhandenen Mittel nicht ausreichen, muss Fremdkapital helfen, das beispielsweise von der Bank oder Privatinvestierenden kommen kann. Unbedingt sollte in diesem Zusammenhang geprüft werden, ob eine Förderung durch eines der zahlreichen Programme von Bund, Ländern oder EU infrage kommt. Entsprechende Beratungsprogramme bieten in Deutschland beispielsweise die Industrie- und Handelskammern an.

Freiberuflich oder selbstständig tätig?

Freiberuflich oder selbstständig tätig – wo ist denn da der Unterschied? Im Alltag werden die beiden Begriffe tatsächlich meist synonym verwendet, doch in der Praxis gibt es durchaus Unterschiede. Denn nicht jede Person, die selbstständig arbeitet, ist per Definition auch automatisch Freiberufler. Grundsätzlich üben Freiberufler Tätigkeiten aus, die nicht der Gewerbeordnung unterliegen. Darunter fallen sogenannte „Katalogberufe“ wie Ärzte, Hebammen, Journalisten oder Steuerberater. Freiberufler erbringen ihre Leistungen eigenverantwortlich. Eine Anmeldung beim Gewerbeamt ist nicht nötig, und auch die Pflicht zur Zahlung der Gewerbesteuer besteht für sie nicht. Die zweite und weitaus größere Untergruppe der Selbstständigen sind die Gewerbetreibenden. In diese Kategorie fallen laut Einkommensteuergesetz alle anderen Personen, die selbstständig tätig sind, Gewinne erzielen wollen und dafür ihre Produkte oder Dienstleistungen anbieten. Diese Abgrenzung ist leider nicht immer eindeutig – erst recht nicht für „neuere“ Berufe wie etwa IT-Fachleute. Die endgültige Entscheidung über den Status als Freiberufler oder Gewerbetreibender trifft letztlich das zuständige Finanzamt.

Sicher ist sicher: Krankenversicherung, Altersvorsorge & Co.

Selbstständig zu sein bringt viele Freiheiten, aber auch gewisse Risiken mit sich. Umso wichtiger ist es, eine Reihe von Versicherungen abzuschließen, um gut für eventuelle Notfälle gerüstet zu sein. Gesetzlich vorgeschrieben ist die Krankenversicherung. Bei ihr genießen Selbstständige Wahlfreiheit. Das bedeutet, dass sie frei entscheiden dürfen, ob sie eine private oder eine gesetzliche Krankenversicherung abschließen. Beide Möglichkeiten haben Vor- und Nachteile: Die Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung unterscheiden sich meist nur minimal voneinander. Dagegen erlauben es die zahlreichen verschiedenen Tarifmodelle der privaten Krankenversicherung Freelancern, zunächst eine Menge Geld zu sparen. Anzumerken ist allerdings, dass die Prämien schnell steigen und im fortgeschrittenen Alter besonders hoch sein können. Um die beste individuelle Lösung zu finden, empfiehlt es sich, die jeweiligen Kosten und Leistungen der gesetzlichen bzw. privaten Krankenversicherungen miteinander zu vergleichen. Darüber hinaus sollten eine private Altersvorsorge (die gesetzliche Rentenversicherung ist für Selbstständige in Deutschland nur unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtend), eine Berufsunfähigkeits- sowie eine Arbeitslosenversicherung zum Standard-Portfolio für Freelancer gehören. Je nach beruflicher Situation können noch weitere Versicherungen – etwa eine Betriebshaftpflicht oder eine Cyber-Versicherung – sinnvoll sein. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, lässt sich am besten von einer unabhängigen Versicherungsfachkraft beraten.

Vorsicht vor Scheinselbstständigkeit

Sie sind ins Freelance-Berufsleben gestartet und haben bereits die Arbeit für Ihren ersten Kunden aufgenommen. Das ist erfreulich – doch gerade, wenn Sie über einen längeren Zeitraum exklusiv für einen einzelnen Auftraggeber arbeiten, ist Vorsicht vor Scheinselbstständigkeit geboten. Von Scheinselbstständigkeit spricht man, wenn ein Vertragsverhältnis zwischen Auftraggeber und Freelancer in ähnlicher Weise wie ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis ausgestaltet ist. Sollte das der Fall sein, müsste der Auftraggeber eigentlich entsprechende Arbeitgeberbeiträge zahlen. Geschieht dies nicht, betrachten die Steuerbehörden die Scheinselbstständigkeit als eine spezielle Form der Schwarzarbeit, die sowohl für Auftraggeber als auch für Freelancer strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Gerade freie IT-Fachleute, die in Unternehmen oft langfristig projektbezogen eingesetzt werden, laufen Gefahr, in Scheinselbständigkeit beschäftigt zu werden. Leider birgt die aktuelle rechtliche Situation in Deutschland für alle Beteiligten viel Unsicherheit. Grundsätzlich sollten Freelancer deshalb einige Verhaltensregeln beachten. Dazu gehört zum Beispiel, den exklusiven Einsatz bei einem einzigen Kunden nach Möglichkeit zu vermeiden. Vereinbarungen, bei denen Freelancer sich an die Weisungen der Auftraggeber binden, sollten ebenfalls unterbleiben. Ferner sollten sie stets selbst entscheiden, wann und wo sie ihren Aufgaben nachkommen. Generell gilt eine zu starke Einbindung in die Arbeitsstrukturen des Kunden als Anzeichen für Scheinselbstständigkeit: Wer etwa dauerhaft Equipment und Kommunikationskanäle des Kunden nutzt, seine Aufgaben in dessen Räumlichkeiten verrichtet oder Urlaubslisten und Stundennachweise pflegt, muss damit rechnen, von den zuständigen Stellen auf Scheinselbstständigkeit überprüft zu werden. Mehr zum Thema Scheinselbständigkeit und zum aktuellen rechtlichen Stand in Deutschland (Änderungen ab April 2022) lesen Sie in unserem Interview mit Branchenexperten Matthias Ruff.

Share.

Erik Gürges studierte Medienwissenschaften und Amerikanistik an der Philipps-Universität in Marburg. Seine berufliche Laufbahn begann buchstäblich mit großem Kino – nämlich in der externen Pressestelle des Filmlabels MGM. Seit 2010 hilft er als freiberuflicher Texter Menschen, Unternehmen und Agenturen aus den unterschiedlichsten Branchen dabei, die richtigen Worte rund um Produkte, Ideen und Dienstleistungen zu finden.

Leave A Reply

IT Freelancer Magazin Newsletter

Verpasse keine IT Freelancer News mehr! Jetzt zum Newsletter anmelden.

IT Freelancer Magazin F-Icon