Als „Hexenjagd auf Freelancer“ hat der Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland e.V. einmal das Thema „Scheinselbstständigkeit“ bezeichnet. Weil viel Unsicherheit besteht, die ausgeräumt werden sollte, legen wir in unserer Serie zur Scheinselbstständigkeit einen besonderen Schwerpunkt darauf. Wir starten mit einem einfachen Überblick als Einstieg, bevor wir uns – mit der nötigen Ausrüstung – in den Gesetzesdschungel vorwagen.

Was ist Scheinselbstständigkeit?

Sobald sich ein als selbstständig eingestuftes Arbeitsverhältnis als Beschäftigungsverhältnis herausstellt, für das vom Auftrag- bzw. Arbeitgeber Sozialabgaben gezahlt und Lohnsteuer abgeführt werden müssten, besteht eine Scheinselbstständigkeit. Die gesetzliche Lage dazu lässt es allerdings nicht immer zu, klare Unterscheidungen zu treffen.
Die Scheinselbstständigkeit wird meist erst nach aufwendigen gerichtlichen Verfahren attestiert, die auf ein so genanntes Statusfeststellungsverfahren folgen. Zu einem Statusfeststellungsverfahren kommt es, wenn es entweder vom Auftraggeber, Auftragnehmer oder der Deutschen Rentenversicherung beantragt wird, weil Zweifel bestehen.
Wichtig ist dann: Neben abgeschlossenen Verträgen oder getroffenen Vereinbarungen wird auch geprüft, wie das tatsächliche Arbeitsverhältnis aussah. Und dies kann – anders als viele meinen – für jedes einzelne Arbeitsverhältnis eines Selbstständigen anders aussehen. Wer also mehrere Auftraggeber vorweisen kann, ist noch nicht automatisch selbstständig.

Scheinselbstständigkeit – Welche Konsequenzen drohen?

Die Grundidee hinter dem Gesetzesdschungel war zunächst gut: Mit Hilfe einer gesetzlichen Regelung wollte man Menschen schützen, die wie Arbeitnehmer arbeiten, aber nicht in den Genuss der Vorzüge kommen. Krankenversicherung, Altersvorsorge & Co – die sollte bei gering bezahlten Arbeitsverhältnissen der Auftraggeber, ergo Arbeitgeber bezahlen. Dies geht aber an der Lebensrealität von Fachkräften vorbei.
Die Konsequenzen einer vorliegenden Scheinselbstständigkeit sind vor allem für den Auftraggeber hart: Der muss bis zu vier Jahre rückwirkend die Sozialversicherungsabgaben zahlen. Und auch das Steuerrecht ist betroffen: Sowohl der Auftragnehmer als auch der Auftraggeber müssen Lohnsteuernachzahlungen leisten und die – fälschlicherweise ausgewiesene – Umsatzsteuer in den Rechnungen des Auftragnehmers berichtigen und zurückzahlen.

Scheinselbstständigkeit – die wichtigsten Unterscheidungskriterien

Als Faustregel kann gelten, dass nur im Fall einer echten Selbständigkeit der Auftragnehmer selbst Verantwortung und Risiken trägt. Und das fängt bereits vor Beginn des Verhältnisses an: Bewirbt sich der Selbstständige auf eine offene Stelle – oder erstellt er ein Angebot und bestimmt den Preis selbst?
Im eigentlichen Arbeitsverhältnis kommt es dann darauf an, ob sich der Selbstständige an Vorgaben des Auftraggebers halten muss, oder ob er weitestgehend frei wählen kann, wann, wo und wie genau er seine Leistungen erbringt. Wer also auf die Software des Auftraggebers angewiesen ist oder vor allem vor Ort arbeiten muss, ist auch eher scheinselbstständig.
Schließlich und endlich blickt das Statusfeststellungsverfahren auch darauf, wie viel unternehmerisches Risiko der Selbstständige trägt: Wer also über Jahre die immer gleichen Leistungen erbringt, gilt eher als scheinselbstständig als ein Freelancer mit großem Kundenstamm und eigener Website, der auch für Schwierigkeiten oder ausbleibenden Erfolg von Projekten gerade stehen muss.
Sie möchten mehr zum Thema Scheinselbstständigkeit lesen? In unserem Blog auf freelance.de finden Sie weitere spannende Beiträge aus unserer Serie.

Zudem folgen in Kürze zwei weitere Beiträge. Vorbeischauen lohnt sich!

  • Scheinselbstständigkeit – Rechnungen richtig stellen, um sie zu vermeiden
  • Scheinselbstständigkeit vermeiden – Tipps für Auftraggeber und Selbstständige
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Gründer und CEO von freelance.de. Früher als SAP-Berater selbst IT Freelancer.

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