Benjamin Leist ist Inhaber von phasedrei und Digitalberater aus Leidenschaft. Er entwickelt maßgeschneiderte IT-Lösungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie Selbständige und Freiberufler.
Neben Dienstleistungen rund um die „klassische“ IT versteht sich phasedrei auch als Schnittstelle zu externen Dienstleistern und Agenturen und koordiniert somit auch weitere digitale Prozesse, beispielsweise in den Bereichen Werbung/Marketing, Fotografie und Softwareentwicklung.

IT Freelancer Magazin: Was sind für Sie die großen Vorteile von BigBlueButton im Vergleich zu MS Teams und Zoom?

Benjamin Leist: In den vergangenen Jahren haben einige der etablierten Anbieter – zurecht – häufiger negative Presse hinsichtlich monatelang bekannter und verschwiegener Sicherheitslücken hinnehmen müssen. Als Open Source-Software ist BigBlueButton im Vergleich zu den meisten anderen Lösungen ’transparent’: Der offene Quellcode wird durch eine Vielzahl von Entwicklerinnen und Entwicklern stetig auf Fehler und Lücken geprüft.
Dennoch: Auch bei einer Open Source-Software kann ein Missbrauch der Daten durch den Hoster – z.B. durch Weitergabe von Telemetrie Daten zu Werbezwecken – nicht ausgeschlossen werden. Wer dieses Risiko minimieren möchte, kann die Software natürlich auf eigener Hardware (und ggf. auch an einem eigenen Internetanschluss, sofern dieser von der Bandbreite und Verfügbarkeit her geeignet ist) einsetzen.

IT Freelancer Magazin: Welche Nachteile hat es gegenüber diesen?

Benjamin Leist: Grundsätzlich sehe ich bei BigBlueButton zwei Unterschiede, die man sicherlich als Nachteil empfinden kann (auch wenn ich das nicht verallgemeinern möchte):
Auf den ersten Blick fällt auf, dass die bekannten und etablierten Lösungen oftmals günstiger sind. In der Experten-Telko habe ich durch die Erläuterungen zu Bandbreite und Traffic einen kleinen Einblick in die Kostenstruktur gegeben und versucht, die Hintergründe der Preisunterschiede transparent darzustellen.
Dass große Anbieter wie Microsoft, Zoom & Co. natürlich andere Preise erzielen können und selbst über Jahre eine nicht kostendeckende Mischkalkulation aufrechterhalten können, steht natürlich außer Frage. Darüber hinaus darf man nicht vergessen, dass einige dieser Anbieter durch den Verkauf von (überwiegend aggregierten, anonymisierten/pseudonymisierten) Daten eine zusätzliche Einnahmequelle haben. Wenn man für etwas nicht (oder nicht ausreichend) zahlt, ist man selbst (bzw. die eigenen Daten) das Produkt.
Darüber hinaus ist durch den Open-Source-Ansatz zwar eine zielgerichtete Individualisierung möglich, aber hierfür eben auch ein entsprechend fähiger Administrator notwendig. Doch auch dies muss kein Nachteil sein: Viele Anbieter bieten jedoch auch schlüsselfertiges BigBlueButton-Hosting an.

IT Freelancer Magazin: Wie schätzen Sie den Einarbeitungsaufwand für Administratoren und User ein?

Benjamin Leist: Erfahrene Administratoren haben durch die ausführliche Dokumentation in Verbindung mit lebhaftem Austausch auf GitHub voraussichtlich keine großen Hürden zu überwinden. Aufgrund der Komplexität des Produkts bietet es sich jedoch an, sich hier laufend zu belesen – und dafür eben entsprechende Zeiten einzuplanen.
Der intuitive Benutzeroberfläche mit vertrautem Aufbau macht es den Usern leicht, sich schnell zurecht zu finden. Die meisten Funktionen sind selbsterklärend und alles weitere sollte in einer einmaligen kurzen Einführung demonstriert und erklärt werden können.

IT Freelancer Magazin: Wie können IT-Freelancer von BigBlueButton profitieren?

Benjamin Leist: In Zeiten der Corona-Pandemie haben viele Unternehmen einen Großteil der Belegschaft ins ‚Home-Office‘ versetzt, um die Ausbreitung zu verlangsamen. Auch IT-Freelancer arbeiten mittlerweile oftmals vom heimischen Büro aus und sind so auf ein Tool angewiesen, mit dem Sie mit den Kolleginnen und Kollegen in Verbindung bleiben können.
Während größere Unternehmen häufig auf die Nutzung der eigenen Infrastruktur (und teils auch externer Tools) bestehen, sind viele kleine und mittelständische Unternehmen hier flexibler. IT-Freelancer können dort ansetzen und dem Kunden die Nutzung von BigBlueButton vorschlagen – oder selbst den Betrieb einer Instanz beim Kunden planen und betreuen.

IT Freelancer Magazin: Halten Sie das Open Source Projekt für stabil in Sachen Weiterentwicklung und Community Support?

Benjamin Leist: BigBlueButton genießt ein hohes Renommee im Bildungsbereich, der ja aufgrund behördlicher Anforderungen hinsichtlich des Datenschutzes und der sog. Datenhoheit auf solche Tools angewiesen ist. Auch in vielen anderen Branchen wurde seit Inkrafttreten der DSGVO (Datenschutzgrundverordnung) umgedacht und dem Datenschutz ein höherer Stellenwert eingeräumt.
Des Weiteren gibt es viele Unternehmen weltweit, deren primäre Einnahmequelle z.B. kommerzieller Support für oder Hosting von BigBlueButton ist – somit sollte dem dauerhaften Fortbestand und der aktiven Weiterentwicklung des Projektes nichts im Wege stehen.

IT Freelancer Magazin: Bieten Sie als IT-Freelancer Dienstleistungen rund um BigBlueButton an?

Benjamin Leist: Im Rahmen der Telko für den VGSD haben wir uns dazu entschlossen, auch einige vordefinierte Pakete für das Hosting von BigBlueButton auf unseren Servern anzubieten. Diese sind im Gegensatz zu den Angeboten einiger Mitbewerber nicht direkt in der Anzahl der TeilnehmerInnen limitiert – und auch sonst gibt es bei uns keine künstlichen Limits, die den Kunden zu einem größeren Paket bewegen sollen.
Bei unseren Paketen ist das einzige Limit die maximale Bandbreite, da diese auch für uns den größten Kostenfaktor darstellt. Die Hintergründe dazu habe ich versucht, in der Telko zu erläutern. Auf der vorletzten Folie der Präsentation, die Sie hier als PDF-Datei abrufen können, haben wir einige beispielhafte Berechnungen vorgenommen.
Zusätzlich bieten wir natürlich Unterstützung rund um die Installation, Wartung und Aktualisierung von BigBlueButton auf Servern der Kunden an.
IT Freelancer Magazin: Besten Dank für das Interview Herr Leist!
Lesen Sie auch unseren Artikel Schnell eine unternehmenseigene Kommunikationsplattform in der Corona Krise aufbauen,um noch mehr über das Tool BigBlueButton zu erfahren.

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Michael Wowro war von 2015 bis 2021 Herausgeber des IT Freelancer Magazins. Dieses Amt hat er zugunsten seines Unternehmens für 3D-Visualisierung von Messdaten else42 GmbH an Hays übergeben. Er freut sich auf eine Kontaktaufnahme via LinkedIn!

3 Kommentare

  1. Alex Fuchs on

    Das Interview hat mir sehr gefallen, da es sehr aufschlussreich war. Ich benutze persönlich das Meeting Programm citomeeting.de, weil es auf BigBlueButton basiert und einen hohen Datenschutz beinhaltet und aus Deutschland kommt und daher DSGO konform ist. Daher kann ich es nur empfehlen.

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