Wie schon im Artikel IT Freelancer Markt: Warum bekommst Du die meisten Projektangebote im Juli? hat freelancermap, eine der führenden Projektbörsen für IT Freelancer, wieder seine Datenbank für’s Jahr 2017 befragt, um einer anderen spannenden Frage bezüglich des IT Freelancer Marktes nachzugehen, nämlich wie viele Projektangebote jeweils auf die 15 größten deutschen Städte entfallen. Unumstrittener Projektchampion ist hierbei Frankfurt a.M. gefolgt von München und Hamburg. Schlusslicht ist bei dieser Untersuchung Duisburg – zum Vergleich: Nürnberg bot mit kaum mehr Einwohnern fast 15 mal so viele Projekte im Jahr 2017 an wie die Ruhrgebietsmetropole. Christian Steeg, Managing Director bei Hays AG und Luuk Houtepen, Director Business Development der SThree GmbH haben die Ergebnisse unter die Lupe genommen und sehr interessante Antworten auf die diesbezüglichen Fragen des IT Freelancer Magazins gegeben:

Wie in dem Diagramm schön zu erkennen ist, hat Berlin in 2017 bei einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 124 Mrd. € nur rund 6.000 Projekte zu bieten gehabt, während in Frankfurt bei einem BIP von nur 67 Mrd. € mehr als 13.000 Projekte angeboten wurden. Wie kommt es, dass Städte, die (in absoluten Zahlen) wirtschaftsstärker sind als andere trotzdem weniger Projekte für IT Freelancer bieten?

Luuk Houtepen (SThree): Unserer Meinung nach hat das viel zu tun mit der Art von Unternehmen und Organisationen, die in unterschiedlichen Städten hauptsächlich niedergelassen sind. Frankfurt braucht als Banken- und Finanzstadt natürlich sehr viel mehr IT-Freiberufler für unterschiedliche Rollen, wie Security, Big Data, Digitalisierung etc. In Berlin sind wiederum viele Behörden und staatliche Organisationen, die derzeit noch weniger technologiegetrieben sind. Außerdem ist Berlin Start-up-Stadt Nummer 1 in Deutschland, wobei kleinere Start-ups eher weniger IT-Freelancer nutzen, sondern eher feste Mitarbeiter locken wollen, mit Beteiligungen oder Aktien.

Christian Steeg (Hays): Das BIP ist für mich eine viel zu isolierte Betrachtung. Frankfurt ist ein attraktiver Wirtschaftsstandort und gehört darüber hinaus auch zu einem renommierten Hochschulstandort. Korrespondierend ist auch der Anteil an wissensintensiven Zweigen auf einem sehr hohen Niveau. Ohne hier weiter ausholen zu wollen, finden sich zahlreiche Anhaltspunkte über die unterschiedlichen Projektsituationen. Wenn Sie sich die Stundensätze in den Peergroups anschauen, finden Sie einen weiteren Indikator, warum Frankfurt die Nase vorne hat.

Ein großer Stress- und Kostenfaktor eines IT Freelancers sind Reisen an einen fernen Projektort, z.B. wegen Fernsein von den gemütlichen eigenen vier Wänden, Fahrtkosten, Hotelkosten, erhöhte Verpflegungskosten, …. Wer sich an seinen aktuellen Wohnort nicht stark gebunden fühlt, könnte in eine andere Stadt ziehen, wo er eine höhere Chance auf kontinuierliche Projektbeauftragung in Wohnortnähe hat. Mit 13.377 auf freelancermap angebotenen Projekten, ist Frankfurt a.M. mit Abstand die Projekt-stärkste Stadt. Würden Sie einem wohnortungebundenen IT Freelancer demnach zu einem Umzug nach Frankfurt raten?

Christian Steeg (Hays): Da ich aus der Region komme und weiterhin dort ansässig bin, bin ich von der Frankfurter Region mehr als überzeugt. Aus meinem Blickwinkel lässt es sich in den zahlreichen Metropolen Deutschlands unter der Woche prima aushalten, wenn eine gute Infrastruktur vorhanden ist. Aus Frankfurt, dem Zentrum des Rhein-Main-Gebietes bzw. der Mitte Deutschlands, erreichen Sie neben dem Standort und der Region auch einige Metropolen im Tagespendelbereich. Auf der anderen Seite ist Frankfurt eine Finanzmetropole, insofern sollte die Branche im persönlichen Fokus liegen. Aus diesen Gesichtspunkten trifft jeder die Entscheidung selbst. Ich selbst bin überzeugter Frankfurter.

Luuk Houtepen (SThree): Diese Frage ist sehr schwierig zu beantworten. Umzug und Wohnort sind hochindividuelle Entscheidungen. Wenn man nur nach Verfügbarkeit von Projekten geht, würde ich IT Freelancern raten in oder in der Nähe von Großstädten zu wohnen. Ob das Frankfurt sein muss oder München, Düsseldorf, Hamburg oder Stuttgart ist sehr individuell. Lassen Sie uns nicht vergessen – IT Freelancer haben auch unterschiedliche Skills, Vorlieben und Interessen!

Ein weiterer Aspekt für die Attraktivität einer Projektstadt ist natürlich der Stundensatz, den ein IT Freelancer dort erwirtschaften kann. Sehen Sie da aus Ihrer Erfahrung heraus Unterschiede?
Christian Steeg (Hays): Der Stundensatz korreliert zum einen mit der Attraktivität der Städte. Die klassischen Städterankings geben hier eine klare Indikation. Daneben haben wir Regionen mit Branchenansiedlungen, die per se für branchenspezifische Fachkompetenz entsprechende Stundensätze zahlen. Fällt beides zusammen, gibt das nochmals einen besonderen Kick auf den Stundensatz. Generell beobachten wir jedoch steigende Stundensätze in der gesamten IT Freelancer-Branche.

Luuk Houtepen (SThree): Nach unserer Erfahrung liegen die Stundensätze, ähnlich wie auch die Gehälter, im Süden Deutschlands meist ein bisschen höher als im Norden oder Osten. Aber auch hier gilt wieder: Pauschale Aussagen über ein so breites Thema wie ‚IT Freelancer‘ haben kaum einen Wert – wenn man etwas Sinnvolles dazu sagen möchte, muss man ähnliche Aufträge mit ähnlichen Anforderungen vergleichen.

Ihr Unternehmen gehört zu den Top10 IT Freelancer-Vermittlern in Deutschland, und sicher machen Sie sich Gedanken, welche neuen Filialen Sie errichten, bzw. welche bestehenden Standorte Sie künftig ausbauen möchten. Für welche der 15 größten deutschen Städte erwarten Sie also, dass die Anzahl der Projekte in den kommenden drei Jahren dort stark zunehmen wird?

Luuk Houtepen (SThree): Wir glauben sehr stark, dass in Städten wie Berlin, München, Köln, Stuttgart, Düsseldorf und Hamburg die Anzahl der Projekte für IT-Freiberufler zunehmen wird. Komplette Branchen werden sich wandeln und damit werden sich viele Unternehmen komplett anders aufstellen.

Christian Steeg (Hays): Mit unserem derzeitigen Filialnetz von über 20 Niederlassungen decken wir die großen Metropolen bereits sehr gut ab. In den großen Ballungsgebieten sind wir zudem mit mehreren Standorten vertreten, wie beispielsweise in Düsseldorf, Köln, Bonn oder Essen. In Frankfurt haben wir darüber hinaus ebenfalls zwei große Standorte. Zudem sind wir in Regionen, die wir als sehr potentialträchtig ansehen – jedoch hier die Marktreife für das Contracting Business entwickeln. Wir werden in den nächsten 5 Jahren unsere bisherige Anzahl der Standorte verdoppeln. In welcher Reihenfolge, das hängt wiederum von zahlreichen weiteren Faktoren ab.

München ist mit 9.165 Projekten die zweit stärkste Stadt in Sachen IT Freelancer Projekte. Welche Endkunden sind hauptsächlich dafür verantwortlich?

Christian Steeg (Hays): Auf Endkunden möchte ich mich erst gar nicht beziehen, dafür reicht der Platz nicht aus. Die Metropole München ist einfach ein Magnet. Hier sind es nicht nur Großkunden & Konzerne. Auch ein starker Mittelstand und die Start Up Szene sind nicht zu unterschätzen. Wir haben sicher nicht die Gründerszene wie in Berlin, obwohl die Münchner auf dem zweiten Platz rangieren. Doch wie bereits erwähnt, überzeugt die Münchner „DAX-Dichte“ zudem auch durch die Fülle an wissensintensiven Wirtschaftszweigen – so sorgen sowohl Industrie als auch Dienstleistungen für die Attraktivität des Standorts Münchens. Hinzu kommt, dass die Region München auch in Sachen Freizeitwert die Nase vorne hat, was sich unter anderem in einer über die Jahre sinkenden Anzahl der Projektwochenstunden deutlich bemerkbar macht. Beim nachhaltigen positiven Trend aus den letzten Jahren ist noch kein Ende in Sicht.

Luuk Houtepen (SThree): München ist natürlich eine sehr wirtschaftsstarke Stadt mit vielen DAX-Unternehmen und sie ist die zweite Finanzstadt Deutschlands, dank der dort ansässigen Versicherungen und Privatbanken. Man kann keine einzelnen Unternehmen nennen, aber allgemein herrschen eine sehr stabile Lage und ein ausgeprägter Fachkräftemangel in München.


Christian Steeg, Managing Director bei der Hays AG.

Christian Steeg

Christian Steeg, Managing Director bei der Hays AG.


Luuk Houtepen, Director Business Development der SThree GmbH und Jurymitglied beim Wettbewerb zum IT Freelancer des Jahres 2017

Wer sich für die Rohdaten dieser Marktanalyse interessiert oder für die Korrelation zwischen Projekthäufigkeit und Einwohnerzahl (zweiter Tab) kann sich diese Excel-Datei herunterladen: Datenerhebung Studie deutsche Städte nach Projekten.xlsx. Die tatsächlichen Zahlen von Projektangeboten in diesen Städten weichen von den erhobenen ab, da manchmal ein und dieselbe Projektstelle von mehreren unterschiedlichen Projektvermittlern angeboten werden. Auch ‚verschleiern‘ manche Projektvermittler den genauen Projektort aus Furcht, vom IT Freelancer umgangen zu werden. Dies tut der Aussagekraft der Untersuchung keinen Abbruch, denn hierfür ist hauptsächlich der zwischenstädtische Vergleich, also die relativen Häufigkeiten von Belang. Die Daten wurden dem IT Freelancer Magazin von freelancermap freundlicherweise zur Verfügung gestellt und dürfen nicht ohne Rücksprache mit freelancermap weiterverwendet werden.

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Michael Wowro war von 2015 bis 2021 Herausgeber des IT Freelancer Magazins. Dieses Amt hat er zugunsten seines Unternehmens für 3D-Visualisierung von Messdaten else42 GmbH an Hays übergeben. Er freut sich auf eine Kontaktaufnahme via LinkedIn!

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