Bisherige Beiträge zur Reihe:
– Printausgabe des IT Job Magazins 3/2015:
Thema: soziale Netzwerke und die Arbeitswelt von morgen
Romanbeispiel: Dave Eggers – „Der Circle“
– IT Freelancer Magazin, Online-Ausgabe 11. Oktober 2016
http://www.it-freelancer-magazin.de/index.php/2016/10/11/netwars-der-code-it-im-roman-teil-01-m-s-coleman/
Thema: Internetspionage und Cyber Crimes
Romanbeispiel: M.S.Coleman – „Netwars – der Code“
Nach den o.a. Themen möchte ich mich heute dem in der Science Fiction (SF) und den Spionagethrillern nicht unbeliebten Thema „der übermächtige Computer als Bedrohung“ widmen. Eine Bedrohung – wenn auch nicht in Form einer bösartigen, die Welt zu kontrollieren versuchenden Maschine – ist er ja für ältere Menschen tatsächlich, wie ich aus zahlreichen Gesprächen weiß. Daran ändern auch die vielen Kurse für die sogenannten „Silver Surfer“ (und hier ist nicht der Marvel-Superheld gemeint!) nichts, die dem entgegenzuwirken versuchen. Es scheint da eine Schneise ein wenig oberhalb der 70 Lebensjahre, also meine Elterngeneration, durch die Gesellschaft zu verlaufen. Diese sind eben weder mit Computern aufgewachsen noch haben sie diese in ihrem Berufsleben gebraucht.
Die Sendung „Quarks und Co.“ widmete sich im September diesem Thema: „Außer Kontrolle? Wenn Computer die Macht übernehmen“, hier noch anzusehen in der Mediathek des Senders.
 
Als Beispiel dient mir in meiner heutigen Buchbesprechung der SF-Klassiker
Colossus von F. Jones
Originaltitel: Colossus
München 1968: Goldmann Taschenbuch 094 (170 Seiten)
Übersetzer: Tony Westermayr
Um den Kalten Krieg – und sowieso alle Kriege – zu beenden, haben die Amerikaner einen gigantischen Computer gebaut und ihn mit nahezu dem gesamten Wissen der Menschheit gefüttert. Die „stets logisch denkende“ und somit von emotionalen Schwächen befreite Maschine soll den Präsidenten und auch dank ihrer Gewalt über die Atomraketen die Streitkräfte ersetzen. Die Russen haben jedoch heimlich einen ähnlich gearteten Computer konstruiert, mit dem Colossus sofort Kontakt aufnimmt… um Pläne gegen die Menschen zu schmieden? Professor Forbin stemmt sich dem von ihm geschaffenen Rechner-Monster entgegen…
So stellte man sich in den 1960-er Jahren die Zukunft der EDV, etwa im Jahre 2000, vor: Der gigantische Rechner wird in einen Berg eingebuddelt und ist durch zahlreiche Mechanismen vor Manipulation geschützt… allerdings auch davor, von seinen Erbauern kontrolliert bzw. abgeschaltet zu werden, wenn er ein Eigenleben entwickelt. Mit der Außenwelt kommuniziert er über Fernschreiber, so dass alle paar Minuten jemand zu einem Drucker läuft, einen Papierstreifen abreißt und verkündet, welche Weisheit Colossus auf die Menschheit losgelassen hat. Und mit der beängstigenden Geschwindigkeit von ca. 1000 Worten pro Minute rauschen die Daten durch die Leitung.
Aber gerade das macht an manchen Stellen auch den Reiz des schmalen Bändchens mit der für diese Zeit typischen Seitenzahl und dem kleinen Druck aus. Wenn es natürlich auch dem Zeitgeist geschuldet ist, dass die Charaktere recht schablonenhaft wirken. Selbst hochrangige Wissenschaftler verrichten im Auftrag der zwei oder drei Hauptfiguren Handlangerdienste. Die einzige Frau im Team ist, obwohl u.a. hervorragende Mathematikerin, in erster Linie dazu da, Kaffee zu kochen oder in den Arm genommen zu werden. Und bei Problemen trinken alle Unmengen an Whisky (was ist in der heutigen IT-Arbeitswelt aus dieser an sich schönen Sitte geworden?) …
Falls nun das Interesse des Lesers geweckt worden ist: Man kann den Roman noch auf Deutsch oder Englisch antiquarisch erwerben, z.B. bei Amazon. Und wem das nicht genügt, der greife zum gleichnamigen Film von 1970 (Regie: Joseph Sargent, Originalfilmtitel: The Forbin Project). Zitat aus dem „Lexikon des Science Fiction Films“ (Heyne Verlag): „Der Film, etwas steril, aber durchaus unterhaltsam, war an den Kinokassen ein Flop, gilt aber bei einigen SF-Filmkritikern als Geheimtipp.“
Googelt man z.B. „Colossus Forbin Stream“, kann man sich den Film auch online anschauen bzw. bei den Suchbegriffen „colossus jones pdf“ zur Online-Lektüre des Buches (engl.) gelangen. Allein diese Beispiele mögen ausreichen, um darzustellen, dass man im Computer statt des Objektes der Bedrohung auch einen Grund zur Freude, einen guten Freund oder Ähnliches sehen kann – als einen Helfer im Alltag, der uns nicht nur (in Abwandlung des Bill-Gates-Zitats) mit „information at our fingertips“, sondern auch mit „entertainment at our fingertips“ versorgt. Insofern ist – zumindest in technischer Hinsicht – vielleicht bei aller Skepsis angesichts der rasanten Weiterentwicklung der Computer doch noch eine positive Zukunft möglich.
Interessant wäre allerdings, was ein eher gesellschaftlicher als technischer Visionär wie George Orwell aus diesem Thema gemacht hätte. Er, der 1948 sein bahnbrechendes Werk „1984“ über die totale Überwachung (wenn auch noch nicht durch einen Supercomputer) schrieb.
Für mehr Spaß als die genannten Werke sorgte aber bei mir ein Marvel-Comicheft, das ich in den 1960er oder 1970er Jahren las. Hier droht ein Colossus-ähnlicher Riesencomputer ebenfalls die Welt oder zumindest Amerika zu versklaven. Während Wissenschaftler lange Zeit vergebens herumrätseln, was sie denn gegen den bösen Rechner unternehmen könnten, wird es auf einmal still hinter den zahlreichen blitzenden Lämpchen und rotierenden Magnetbändern: Der Hausmeister, der im EDV-Raum putzte, hatte dem Computer einfach den Stecker aus der Dose gezogen. Game over.
 
Der Autor von Colossus
Dennis Feltham Jones (1917 – 1981) war Marine-Kommandant im Zweiten Weltkrieg und lebte in Cornwall. Er ist mit seinen SF-Romanen als Vertreter des technisch-naturwissenschaftlichen Zweigs dieses Genres zu sehen. Zu „Colossus“ schrieb er
noch zwei Fortsetzungen, von denen es zumindest „Der Sturz von Colossus“ auch zu einer deutschen Veröffentlichung, ebenfalls bei Goldmann, gebracht hat.
 
Der Autor dieser Zeilen
… muss gestehen, dass er selbst noch rund zehn Jahre nach dem Erscheinen dieses Goldmann-Taschenbuchs, noch einige Jahre von seiner Ausbildung zum Organisationsprogrammierer bei Siemens entfernt, unter seinem Pseudonym Michael Sullivan einen Roman veröffentlichte, in dem ebenfalls ein Computer Papierschnipsel ausspuckt, wenn er etwas zu „sagen“ hat. Und das trotz des Genusses zahlreicher Enterprise-Folgen, in denen sich Captain Kirk bereits mit einer angenehmen weiblichen Computerstimme unterhielt!

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Klaus-Michael Vent plünderte schon als Schüler Leihbibliotheken auf der Suche nach Science Fiction Romanen und schrieb dann selbst welche, veröffentlichte in den 1970-er und 1980-er Jahren unter seinem Pseudonym Michael Sullivan Heftromane dieses Genres sowie auch Horror und Western in den Verlagen Pabel, Moewig und Kelter sowie zahlreiche Beiträge (Stories, Artikel, Buchkritiken) für kleine Fantasy-Magazine. In den 1990-er Jahren schrieb er als Programmierer von Börsen-Software Sachtexte zu IT-Themen, Börse, Unterhaltungselektronik und vieles mehr unter anderem für das jährlich erscheinende Lexikon der Gegenwart "Aktuell" (Harenberg-Verlag). Seit dem Jahrtausendwechsel, bei dem er erfolgreich das durch den Millennium-Bug erwartete Chaos verhinderte, legt er seine alten Romane neu bei Verlagen wie Emmerich Books&Media Konstanz und Atlantis Stolberg auf und fügt neue hinzu: http://www.emmerich-books-media.de/htm/9_de.html http://www.amazon.de/-/e/B007DCYM4I Einen Gesamtüberblick über sein literarisches Schaffen, zu dem ihm sein Hauptberuf als Freelancer immer noch ein wenig Zeit lässt, findet man zu seinem richtigen Namen und zu seinem Pseudonym unter http://www.chpr.at/sfs.html Kontakt gerne via Xing http://www.xing.com/profile/Michael_Vent oder Michael_Vent(AT)yahoo.de

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  1. Pingback: IT im Roman Teil 04: Puls (Steven King) – IT Freelancer Magazin

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